den Ofen und das Fenster ausgefahren
war, ruhig und ohne sich je zu verrathen,
nach Hause zu gehen.
Ein Graf hatte, durch verschiedene Vorfälle,
den größten Theil seines Vermögens
eingebüßt. Er sah, was so viele Menschen,
die sich in seinen Umständen befinden,
nicht sehen: daß es nöthig sey, seine Haushaltung
einzuschränken. Er eröffnete sein
Vorhaben seiner Gemahlin, die er zärtlich
liebte.
„Gräfin! (sagte er) unsere Umstände nöthigen uns, unserm bisherigen Aufwande Grenzen zu setzen. Es wird nicht zu ändern stehen, daß wir alle unsere Leute, bis auf eine Köchin und einen Bedienten, aus unserm Dienste entlassen. Ich weiß wohl, daß Sie ihre Kammerjungfer ungerne verlieren. Ich würde sie Ihnen lassen, wenn ich dieses möglich zu machen wüßte.“
Die gute Gräfin war von der Klugheit und Rechtschaffenheit ihres Gemahls überzeugt. So nahe es ihr nun auch gieng, sich von einer Person zu trennen, für welche sie viele Zuneigung hatte; so machte sie doch derselben, mit Thränen in den Augen, diese nothwendige Veränderung bekannt. Das arme Mädchen ward äußerst gerührt. „Gnädige Frau (sagte sie endlich), ich werde im Stande seyn, mit meiner Arbeit meinen Unterhalt zu verdienen, ohne daß ich Sie vernachlässigen darf. Erlauben Sie mir also, bey Ihnen zu bleiben. Ich werde Ihnen vielleicht jetzt am nützlichsten seyn.“ – Der Graf, welchen der Entschluß dieses guten Mädchens tief gerührt hatte, kam in den Speisesaal, wo, wie gewöhnlich, nur für ihn und seine Gemahlin gedeckt ward. Er verlangte noch ein drittes Gedeck. „Erwarten Sie einen Freund?“ fragte die Gräfin. „Nein, (antwortete dieser) aber lassen Sie Ihre bisherige Kammerjungfer rufen! Eine Person, die so edel denkt, ist von nun an uns gleich.“
Der Capitain von W.., ein Mann der
großmüthig und herzensgut war, zog
sich gegen den Abend seines Lebens aus dem
Geräusche der Waffen und dem Getümmel
der Welt in die Einsamkeit seines Landguths
zurück. Seine Beschäftigung war
hier, seiner Wirthschaft wahrzunehmen, sich
um das Anliegen seiner Unterthanen zu bekümmern,
und die Jagd, die er von jeher
geliebt hatte, auszuüben. Wenn er von
dem einen oder andern des Abends heimkehrte,
und der Gesellschaft seines Brudersohns,
eines Husarenlieutnants aus der benachbarten
Garnison, entbehrte, pflegte er
in dem Saale des zweiten Stockwerks seines
Hauses ein Paar Lichter anzünden zu
lassen, und sich mit dem Gesichte gegen den
Saal gekehrt, in dem anstoßenden Kabinet,
das keine andere Auszierung als ein Feldbett,
die Plane von neun durchfochtenen
Schlachten, drey Flinten, ein Paar Pistolen,
und zwey Windbüchsen hatte, in seinen
Lehnstuhl zu werfen, um über merkwürdige
Vorfälle, die er erlebt, Erfahrungen
die er gesammelt, Menschen die er gekannt
hatte, auch oft über sich selbst und sein
Schicksal nachzudenken. Ein Abendzeitvertreib,
von dem sich wenige einen Begriff,
und noch wenigere Gebrauch machen können. –
Im späten Herbste des Jahrs
1770 hatte unser Capitain eine Räuberbande
in dem nahgelegenen Walde ausgehoben,
und an das Justizcollegium abgeliefert.
Sechs von diesen Bösewichtern zu brechen, und
man kann denken, daß sie nicht ohne Vorsatz
zur Rache waren. Es war in der
Christnacht, als der Capitain länger als
gewöhnlich seinen Betrachtungen nachgieng,
und wie er hernach zu erzählen pflegte, eine
Verschiedene: Clausthalischer allgemeiner Harz-Berg-Calender auf das Jahr 1805. J. C. Wendeborn, Clausthal 1804, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1805_065.png&oldid=- (Version vom 12.2.2021)