Insofern bin ich also –, ich muß es sagen –, sehr enttäuscht von ihr. Als kürzlich Florian Breuer davon sprach, daß ich sehr gut einige Bilder hier nebenan in der Deutschen Bücherstube ausstellen u. vielleicht noch zu Weihnachten verkaufen könnte, meinte auch er, daß ich selbst das nicht machen könne, daß ich selbst nicht mit meinen Bildern hausieren gehen könne; aber er sagte, daß Elisab. das sehr wohl könnte, wenn sie nur Lust dazu hätte. Er fügte dann aber den Zweifel hinzu, ob sie dazu Lust haben würde. – Ich sprach dann mit E. darüber u. stellte fest, daß sie tatsächlich keine Lust hatte. Sie ist in der Bücherstube als gute Kundin wohl bekannt u. man würde sich zweifellos Mühe geben, ihr gefällig zu sein, wenn sie sich nur im Geringsten, darum bemühen würde; aber sie denkt nicht daran. Und so bleibt es bei dem, wie es ist. Anfangs' war's besser, sie überredete Charlotte Sinn u. Frau Dr. Falke zum Kauf, wobei letztere heute noch nicht den Preis ihres Bildes ganz beglichen hat. Aber immerhin hat sie etwas getan. Und sonst? Herrn Dr. Richter habe ich ein Bild so gut wie geschenkt, nur damit irgendwo ein Bild von mir hängt u. gesehen wird u. was ich sonst noch verkauft habe, hat meine Schwester Else gekauft. – Seit 1944, als ich wieder anfing, zu malen, also vor zehn Jahren, habe ich bis heute insgesamt 134 Bilder gemalt von denen ich allerdings einige übermalt habe, sodaß sie doppelt gezählt sind, es mögen aber doch rund 130 Bilder sein, welche tatsächlich existieren. Von diesen habe ich drei Stück an Else verkauft, eins wurde an einen Herrn Zieger u. eins an Herrn Dr. Krohn in Meißen verkauft, eins an die Bundesregierung, eins an Charlotte Sinn u. eins an Frau Dr. Falke verkauft, eins an Dr. Richter so gut wie verschenkt. Ich habe also in zehn Jahren ganze neun Bilder verkauft von 130 Stück! – Fünf weitere Bilder habe ich in dieser Zeit verschenkt u. zwei sind verliehen, also so gut wie verschenkt. Es sind also gerade sechzehn Bilder aus meinem Atelier hinausgegangen, das ist alles. Eine wahrhaft prächtige Bilanz von zehn Jahren Arbeit. Ich meine, ich hätte allen Grund, über diesen Mißerfolg sehr betrübt zu sein, aber noch betrübter bin ich, daß ich bei E. so gut wie garkein Verständnis für diese meine Betrübnis finde. Es ist eine sehr naive Vorstellung vieler Laien, die meinen, es müßte uns Künstlern völlig genügen, Werke zu schaffen, Anerkennung zu suchen finden sie geradezu minderwertig als Eitelkeit u. Materialismus.
Nun, das ist die Bilanz dieser letzten zehn Jahre in künstlerischer Hinsicht. Die Bilanz dieses letzten Jahres sieht wohl möglich noch trüber aus, denn ich bin zehn Jahre älter geworden u. es hat sich nichts geändert. Und 1954? – Am 25. Januar soll nun die Viermächtekonferenz in Berlin stattfinden. Ich glaube nicht daran, daß bei dieser Konferenz etwas herauskommen wird, sie wird ebenso ergebnislos verlaufen, wie
Hans Brass: TBHB 1953-12-31. , 1953, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1953-12-29_003.jpg&oldid=- (Version vom 19.9.2024)