ist denn nun das einzige u. letzte Geschäft für Künstlerbedarf im Ostsektor Berlins auch kaputt. Der Verband bild. Künstler Unter den Linden wird wohl diese willkommene Erbschaft antreten u. Material an Künstler verkaufen. Ich selbst werde mich auf Picknes einstellen, wo ich zwar nun Westpreise bezahlen muß, aber wo ich wenigstens mit Sicherheit alles Material bekomme Das Geschäft liegt in der Friedrichstr. bei der Kochstraße u. ist für mich sehr leicht zu erreichen, aber nun werden meine Farben teuer werden. Um so mehr freue ich mich, daß ich kürzlich sehr reichlich Farben eingekauft habe, sodaß ich bis auf einige seltenere Farben, die ich so wie so nicht in der Kastanienallee bekommen konnte auf ziemlich lange Zeit mit Farben eingedeckt bin.
Elisab. ist heute bei ihrer Schneiderin, sie braucht unbedingt ein neues, den Umständen entsprechendes Kleid u. einen Wintermantel. Sie wird von dort zu Frau Dr. Falke fahren u. kommt wahrscheinlich erst spät zurück. Sie hat sich in den letzten Wochen äußerlich sehr stark verändert, sie ist nicht nur am Leib sondern auch sonst sehr viel stärker geworden, auch im Gesicht u. es steht ihr recht gut.
Ich zeichnete heute die Skizze nach dem gegenüberliegenden Trümmerplatz als Federzeichnung. Man braucht kaum etwas verändern, es ergibt sich ein sehr interessantes Bild.
Am Dienstag kaufte ich bei Picknes einen Keilrahmen u. einige Farben, vier Tuben. Für den Rahmen zahlte ich 1,60 M=West, was wohl ungefähr dasselbe ist, was ich sonst in Ost in der Kastanienallee bezahlt hätte, aber, für die 4 Tuben Oelfarbe mußte ich 10,95 =West zahlen, das sind etwa 43,50 =Ost, ein ungeheurer Preis. Für eine Tube Coelinblau allein mußte ich etwa 4,25 M. bezahlen. Auch ein Fläschchen Malmittel, das ich kaufte, war wesentlich teurer. Im Ganzen bezahlte ich 14,30 M=West. Elisab. hatte mir am Montag Abend von Frau Dr. Falke 15,– M=West mitgebracht als weitere Rate für mein Bild u. dieses Geld ging also bis aus 70 Pf. restlos drauf.
Am Mittwoch spannte ich den Rahmen auf u. verwendete wieder die Rückseite eines der alten Bilder aus Ahrenshoop. Gestern legte ich das neue Bild an: „Erstaunte Kobolde“ – Dieses Bild verspricht außerordentlich gut zu werden, es ist sehr frisch u. stark in den Farben, blau, gelb, grün u. rot u. dabei sehr lustig u. amüsant. Obwohl dieses Bild ganz aus abstrakten Formen entstanden ist, die sich rein zufällig aus Flecken auf der Rückseite einer alten Leinewand ergaben, auf die ich den Bahnhof Friedrichstraße malte, spricht es doch gerade durch seinen fantastisch=koboldhaften Inhalt an. – Das ist nun sehr interessant. – Eines meiner besten Bilder, die jetzt in meinem Atelier an der Wand hängen,
Hans Brass: TBHB 1951-10-18. , 1951, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1951-10-18_001.jpg&oldid=- (Version vom 17.9.2024)