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Seite:HansBrassTagebuch 1948-01-24 001.jpg

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Sonnabend, 24. Januar 1948.     

     Heute kam ein Telegramm von Rechtsanwalt K. aus Düsseldorf. Monheims Anwalt, der mitteilte daß er vom 26. bis 31. Jan in Bln. sei u. dringend Martha sprechen wolle. Es handelt sich um den Verkauf des Monheimschen Hauses hier. Wir haben gleich an Martha, die ja übermorgen von Bln. abfahren wollte, telegraphiert. Sie wird nun also dort bleiben müssen.

An Frl. Ingrid Czerschau in Freiberg/Sa. geschrieben als Antwort auf den kürzlich erhaltenen Brief.

Sonntag, 25. Januar 1948.     

     Morgens Gemeinschaftsmesse, P. Conrad. Er predigte ausgezeichnet über den Sinn der Gebetsoktav für die Einigung der Christenheit, deren Abschluß heute ist. Nachher beim Frühstück ging P Conrad zum ersten Male etwas aus sich heraus, wahrscheinlich erleichtert durch die Abwesenheit Marthas. Es fragte mich über Wesen u. Geist der modernen Kunst, die, wie er mir gestand, für ihn fremd sei. Ich hielt ihm ein regelrechtes Referat u. ich hatte den Eindruck, daß er gut folgen konnte. Was ich ihm sagte, war ihm völlig neu u. muß erst von ihm verarbeitet werden, aber beim Abschied bedankte er sich ausdrücklich dafür.

     Ich lese das Buch von Katharina Kippenberg: „Rainer Maria Rilke“. Es ist nicht leicht zu lesen u. erfordert wiederholte Lektüre. Heute las ich den Abschnitt über Rilkes Engel=Begriff, der mir sehr viel gegeben hat. Ich pflege schon seit einiger Zeit eine besondere Gebetsandacht zu meinem Schutzengel. Meine bisherige Anschauung über Engel ging dahin, daß ich sie mir als von Gott ausgehende Kräfte vorstelle, die natürlich unkörperlich sind, doch aber gewisse Persönlichkeits-Eigenschaften habe. Jetzt sehe ich, daß speziell die Schutzengel der Menschen dann eben nichts anderes sind, als die Gedanken Gottes über uns, d.h. also, daß mein Schutzengel genau das ist, was Gott will, was ich werden soll. Ich nähere mich dann also diesem Schutzengel in dem Maße, wie es mir gelingt dem ähnlich zu werden, was Gott von mir will. Und genau so ist es mit dem Teufel, der die Negation des Willens Gottes ist. Es ist dann also so, daß der Schutzengel zwar ganz der Gedanke Gottes ist, daß er aber gewissermaßen auch von mir abhängig ist, je nach dem ich ihn im Fleische darstelle. Es ist das ein sehr lebendiger u. fruchtbarer Gedanke, der meine Andacht sehr befruchten wird.

     Nachmittags Bilder von Picasso gesehen. Ich werde morgen nochmals am Bilde „Familie“ arbeiten. – Auch das früher gemachte Selbstporträt muß gelegentlich sehr eingehend überarbeitet werden. –

Montag, 26. Januar 1948.     

     Telegramm von Martha, daß sie heute Nachmittag von Bln. abgefahren ist. Sie bleibt über Nacht in Stralsund u. ist morgen Mittag hier.

     Am Bilde „Familie“ gearbeitet. Die ganze linke Seite habe ich stark überarbeitet u. sehr aufgehellt.

Dienstag, 27. Januar 1948.     

     Das Familien=Bild ist nun fertig.

     Mittags 1/2 12 Uhr traf Martha ein, von der anstrengenden Reise total erschöpft. Sie legte sich gleich

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1948-01-24. , 1948, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1948-01-24_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.3.2025)