Habe mit Fritz heute die Bilder in der Ausstellung abgenommen u. ins große Haus in die Bilderkammer gebacht. – Die Bild „Aufbruch“ soll der Teufel holen. Es hängt wieder in der Diehle u. gefällt mir immer noch nicht. Dieses Bild ist wirklich eine Plage. –
Den ganzen Tag mit Lesen verbracht: „Vom Winde verweht“. Ein überaus spannend geschriebenes Buch. Man sagt, die Verfasserin sei eine 24jährige, junge Dame. Aber das ist einfach ausgeschlossen.
Abends 10 Uhr wurde durch den Rundfunk bekannt, daß die Londoner Konferenz heute gescheitert ist. Es wird zwar das Wort „Vertagung auf unbestimmte Zeit“ angewendet, aber das ändert nichts. Das Schicksal wird nun also eine neue Wendung nehmen. –
Gestern Nacht wachte ich um 3 Uhr auf, weil ich in einem sehr lebhaften Traum das Bild „Aufbruch“ sah. Dasselbe hing seit mehreren Tagen in der Diehle, wo ich es täglich sehen mußte u. wo es mich wegen seiner großen Mängel täglich quälte. Jetzt weiß ich, wie es zu malen ist. Ich war so erregt, daß ich nicht wieder einschlafen konnte u. den Rest der Nacht im Bett liegend lesend verbrachte. Morgens früh, ehe die Mädchen kamen, stand ich auf, nahm es von der Wand u. brachte es rauf ins Atelier. Um so schmerzlicher war, daß es den ganzen Tag über wieder so dunkel war, daß ich kaum arbeiten konnte, nachdem gestern schönster Sonnenschein gewesen war. Trotzdem aber habe ich so viel arbeiten können, daß ich morgen, wenn das Wetter einigermaßen ist, im Wesentlichen fertig werden kann. – Abends bin ich nun totmüde.
Abends kurz nach 7 Uhr traf Martha ein. Herr Rob. Schneider, der zufällig mit einem Auto hierher fuhr, hat sie mitgebracht. –
Im Radio ist fast ausschließlich vom Zusammenbruch der Londoner Konferenz die Rede. Es ist das natürlich auch ein aufregendes Ereignis. Die daraus zu erwartenden Folgen treiben mich nun um so mehr von hier fort.
Das Bild „Aufbruch“ macht Fortschritte.
Der „Aufbruch“ wurde heute fertig, hoffentlich nun endgültig. – Morgens früh wollte es überhaupt nicht hell werden, aber später ging es, sodaß ich malen konnte. –
Seit einiger Zeit schlafe ich schlecht u. fühle mich daher nicht sehr wohl, ich bin müde u. schlaff. Wir sprachen heute Abend von dem Plan der Uebersiedlung nach Berlin, aber all das liegt vorläufig noch ziemlich außerhalb des Möglichen. Vor allem scheint es völlig unmöglich zu sein, in Bln. eine Wohnung zu bekommen, wenn man nicht zugleich einen besonderen Auftrag hat. Dann allerdings scheint es nach dem, was Martha sagt, nicht schwer zu sein. – Martha hat Sorge, im Sommer meine Bilder in der BuStu. auszustellen. Obgleich das eine übertriebene Sorge ist, erschwert mir das meine Situation noch mehr. – Ich weiß nicht, was werden soll. –
Hans Brass: TBHB 1947-12-13. , 1947, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-12-14_001.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2025)