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Seite:HansBrassTagebuch 1947-12-06 001.jpg

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die größte Mühe, die Russen gegen mich aufzuhetzen, indem sie einen besonderen Bericht über meine Aeußerung über die Russen extra nach Karlshorst senden u. gegen mich eine Anzeige an die Kriminalpolizei richten. Sie sind tief enttäuscht, daß die Kriminalpolizei trotzdem nichts gegen mich unternommen hat. Kleinschmidt sagt im Sommer zu mir, daß Joh. R. Becher gesagt habe, es sei gegen mich ein Verfahren im Gange. Als ich Kleinschmidt sagte, daß dies nicht der Fall sei u. die Kriminalpolizei nichts gegen mich unternähme, sagte er mir: „Sagen Sie das bloß niemandem, denn sonst werden diese Leute sich bei der Regierung über die Kriminalpolizei beschweren u. Sie bekommen dann den größten Dreck an den Hals. Lassen Sie die Leute ruhig in dem Glauben, daß ein Verfahren gegen Sie liefe.“ – Ich könnte diese ganze Sache sehr gut benutzen, um einen sehr empfindlichen Schlag gegen den K-B. zu führen, der Tagesspiegel würde das mit Begeisterung tun; aber ich wäre dann hier meines Lebens nicht mehr sicher.

Sonnabend, 6. Dezember 1947.     

     Die Buchungen für die letzten zwei Monate der BuStu. fertig gemacht. Eine lästige Arbeit, die ich gern los werden würde.

     Letzte Nacht der erste Frost, den ganzen Tag über Temperatur um 0°.

     In der Nachmittags-Dämmerung war Carmen Grantz da, die in Berlin gewesen war u. trübe Schilderungen vom dortigen Leben gab.

     Die Londoner Konferenz quält sich von Tag zu Tag weiter, ohne daß eine Einigung erzielt wird, die auch kein Mensch erwartet. Es sieht vielmehr ganz so aus, als würde sich die allgemeine Erwartung erfüllen, daß sie ergebnislos bleibt. Aber was wird dann? – Man könnte verzweifeln, wenn man daran denkt. Es wird dann vielleicht auf lange Zeit hinaus zu spät sein, hier fort zu kommen; aber all das u. seine Konsequenzen, auch so weil sie mich persönlich betreffen, liegt in Gottes Hand. Es wird dann schon seine Richtigkeit haben.

     Morgen ist Gottesdienst. Wir erwarteten vergeblich Dr. Rudlof, der wohl erst morgen früh direkt von Ribnitz kommen wird. – Eine kürzlich stattgefundene, allgemeine ärztliche Untersuchung der Ribnitzer Bevölkerung will bei Dr. R. Lungentuberkulose festgestellt haben. Er ist ein kerngesunder u. sportgestählter Mann, in dessen Familie, wie er sagt, kein Fall von Tuberkulose je vorgekommen ist. Wenn die Prognose stimmt, dann kann er sich die Krankheit nur hier in der Diaspora unter den Flüchtlingen in Ausübung seines Berufes zugezogen haben.

Sonntag, 7. Dezember 1947.     

     Um 9 Uhr hl. Messe. Dr. Rudlof kam etwa 15 Min. vorher. Der Wind war über Nacht nach Norden umgesprungen u. es regnete, sodaß er diesen ganzen Salat von vorne bekam. Er war wieder ziemlich erschöpft. – Während der Messe hatte ich –, obgleich Dr. R. wieder fürchterlich predigte –, doch eine besonders tiefe Andacht. Bei der hl. Kommunion bat ich um Lösung all der Schwierigkeiten mit dem Kulturbunde u. Erfüllung meines Wunsches, unter günstigen Bedingungen nach Berlin zu kommen –, weniger aus künstlerischen Gründen, als deshalb, damit ich wieder mehr am kirchlichen Leben teilnehmen kann. – Dr. R. las die Messe vom Feste der Unbefleckten Empfängnis, die mich besonders berührte, da mir mein vorjähriges Bild „Himmelskönigin“ gegenwärtig war, bei dem dieses Geheimnis

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Hans Brass: TBHB 1947-12-05. , 1947, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-12-06_001.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2025)