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Seite:HansBrassTagebuch 1947-11-24 001.jpg

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meisterhaft ausgefallen ist, sowie an den Kulturbund in Güstrow.

     In der Dunkelstunde während der Stromsperre unterhielt ich mich mit Martha über die Möglichkeit einer Uebersiedlung nach Berlin. Eine Neigung dazu ist längst bei mir vorhanden, doch schreckte ich bisher vor der Strapaze zurück, die ein solcher Umzug bedeuten würde. Außerdem ist es ja auch hoffnungslos, in Bln. eine einigermaßen genügende Wohnung zu finden. Bei ihrem letzten Besuch in Bln. hat Martha jedoch mit allerhand Leuten gesprochen, die angeblich die Möglichkeit haben, nicht nur eine Zuzugsgenehmigung zu erwirken, sondern auch eine Wohnung in westlichem Vorort im amerikan. Sektor zu besorgen. Ein solcher Plan ist sicher noch zu früh u. noch nicht durchführbar, aber die Hauptsache ist, daß ich mich gesund genug fühle, um eine solche Sache auf mich zu nehmen u. daß ich auch innerlich völlig bereit zu einem solchen Unternehmen bin. Die Unverschämtheit, mit der dieser Kulturbund sich herausnimmt, einen Boykott über mich zu verhängen, hat dem Faß den Boden ausgeschlagen. Ich will mir solche Frechheiten nicht mehr bieten lassen. Aber zunächst muß das Ergebnis der Londoner Konferenz abgewartet werden, die übermorgen beginnt u. wahrscheinlich sehr bald scheitern wird. Es gibt wohl kaum jemanden, der nicht mit einem Scheitern rechnete. Wenn es der Fall ist wird die Ostzone ganz an Rußland ausgeliefert sein u. damit der SED., u. wie lange das dann dauern wird, wissen nur wenige. Ueber's Jahr wird in Amerika der neue Präsident gewählt. Ob Truman trotzdem oder gerade deshalb im Frühjahr losschlagen wird? wer kann es wissen! – Wie dem auch sei, – ich werde, so Gott es will, auf jeden Fall den Plan der Umsiedlung nach Bln. ausführen, da auch Martha sehr für diesen Plan eingenommen ist.

Montag, 24. November 1947.     

     Koch-Gotha lädt schon wieder zu einer Sitzung der Sektion zu morgen ein, es steht die Verlesung des Berichtes über die Delegierten-Versammlung des K-B. in Schwerin auf der Tagesordnung, also des Berichtes, den letzhin Herr Neumann hätte halten sollen, wenn er erschienen wäre. Koch-Gotha bemerkt, daß die Verlesung pünktlich um 3 Uhr beginnen wird, da sie sehr umfangreich ist u. das Tageslicht ausgenützt werden muß. – Ich habe mich entschlossen, nicht hinzugehen, da dieser Bericht auf jeden Fall im Sinne der SED. gefärbt ist u. weil mir dieser ganze Kulturbund überhaupt zum Halse heraushängt.

     Das Bild „Familie“ oder „Flüchtlinge“, wie ich es vielleicht nennen werde, macht langsame Fortschritte. Es ist meist zu dunkel zum Malen.

     Morgen fängt die Außenminister-Konferenz in London an. Man ist allgemein sehr nervös.

Dienstag, 25. November 1947.     

     Nachmittags war die Sitzung der Sektion, zu der alle Mitglieder außer mir selbst erschienen waren. Martha war hingegangen, um zu beobachten u. zu berichten. Herr Neumann – Wustrow war diesmal da u. es wurde der Bericht der Delegierten-Konferenz in Schwerin verlesen, zu dem Koch-Gotha richtig bemerkte, daß er parteipolitisch zurechtgemacht sei. Herr Neumann las dann eine Resolution des Kulturbundes zur Londoner Außenministerkonferenz vor, der von allen Anwesenden unterschrieben werden sollte

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1947-11-23. , 1947, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-11-24_001.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2025)