Nach der Studie einer verblühten Topfblume eine Federzeichnung gemacht. Nachmittags Kaffee auf der Terrasse, da das Sommerwetter wiedergekommen ist. Herr u. Frau Dr. Kunze waren unsere Gäste, die bis gegen 1/2 7 Uhr blieben. Ehe sie gingen, kam ein Frl. Blank aus Dresden, angeblich Geschäftsführerin des dortigen Kulturbundes, um meine Bilder zu sehen. Sie meinte, daß im nächsten Jahre wieder in, Dresden eine große Kunstausstellung stattfinden würde.
Endlich erscheinen jetzt in der Presse Notizen über die Flucht des Dr. Paul. Danach sind außer ihm selbst u. seiner Frau noch vier weitere Personen geflohen, in zwei Autos.
Durch den Nordwestdeutschen Rundfunk wurde heute bekannt, daß es sich bei einer der Personen, die mit Dr. Paul geflohen sind, um den Oberbürgermeister von Jena handelt. Das Gerücht, daß der Schriftsteller Plivier ebenfalls geflohen sei, wird dementiert.
Die Federzeichnung der verblühten Blume wurde heute fertig. Sie ist gut geworden, sodaß ich ein Bild daraus machen werde.
Dr. Longard verabschiedete sich, er fährt am Sonntag nach Bln. zurück. Die Vermietung seines Hauses an Herrn Heyer hat er rückgängig gemacht.
Nach wie vor sehr warmes Sommerwetter.
Vom Kulturbund in Güstrow ein Brief, nach welchem man dort Wert darauf legt, Bilder von mir im Foyer des dortigen Stadttheaters zu zeigen u. einen Vortrag von mir über Expressionismus zu hören. Der Termin für beides steht jedoch noch nicht fest.
Ein überaus warmer Sommertag.
Vormittags das neue Blumenbild angelegt. Nachmittags, war die Gattin des ehemals Hallenser, jetzt Leipziger Oberspielleiters (Rückert?) bei uns zum Bohnenkaffee, den sie spendierte, zusammen mit ihrer kleinen, sehr niedlichen Tochter. Wir saßen auf der Terrasse. Später zeigte ich ihr meine letzten Bilder, wobei Herr Dr. Janasch – Berlin dazu kam. Ob diesem meine Bilder Eindruck gemacht haben, konnte ich nicht feststellen, da er viel sprach über die Kunst=Situation in Berlin, aber über die Bilder nichts sagte.
Um 9 Uhr hl. Messe im „Musikzimmer“. Dr. Rudlof kam einige Minuten zu spät total erschöpft an, er hatte bei Hof Körkwitz eine Radpanne gehabt u. hat den ganzen Weg, das Rad schiebend, zu Fuß zurückgelegt. Das Rad ließ er in Wustrow zur Reparatur, sodaß er auch nachher nach Wustrow zu Fuß zurückmußte. Er frühstückte bei uns. Zum Fest „Kreuzerhöhung“ hielt er diesmal, abgesehen von seinen Schwimmbewegungen, eine ganz gute Predigt.
Gegen 1/2 3 Uhr nachm. verabschiedeten sich Kunzes nun endgültig. Merkwürdig wie sehr dieser Mann sich zu mir hingezogen fühlt, es standen
Hans Brass: TBHB 1947-09-11. , 1947, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-09-11_001.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2025)