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Seite:HansBrassTagebuch 1947-07-30 001.jpg

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Am Spätnachmittag kam ein Lastauto mit Russen. Man sagt jetzt abends, daß sie auf der Kuhweide Kanonen aufgestellt hätten; aber von der Ankunft dieser Kanonen habe ich nichts bemerkt. Ob es nur Gerede ist? Oder nur Manöver? Es ist alles möglich man ist in immerwährender Aufregung u. Spannung.

     P. Beckmann, der sich meine Bilder ansah, machte einige gute Aeußerungen. Von dem Bilde „Der Zweifler“ sagte er, daß dieser Titel nicht zutreffend wäre. Ein Zweifel müßte doch aus dem Innersten kommen, während hier der Mensch zwar von Außen sehr geplagt würde, aber innerlich ganz unberührt davon sei. Das ist sehr richtig, ich werde einen anderen Titel suchen. – Sodann meinte er, ich solle doch einmal den Knecht malen, der auf den Herrn wartet. Er meinte, es müsse das ein Bild werden, welches das Bild des „Alten“ u. des „Mannes im Kerker“ in ein Bild zusammenfaßt. Eine sehr schöne Idee; ein Mann, der auf Treppenstufen an einer Tür wartet, eine Laterne am Boden, den Blick erwartungsvoll u. doch gelassen dorthin gerichtet, woher der Herr kommen wird. Ich werde mich mit dieser Idee sehr befassen.

Mittwoch, 30. Juli 1947.     

     Nachmittags wie gewöhnlich Triebsch. Die Russen auf der Kuhweide sind geheimnisvoll. Die Mannschaften wohnen draußen in den Holzhäusern, ein Offizier wohnt bei Dr. Jabel u. es heißt, daß noch für elf weitere Offiziere Quartier gemacht werden soll. Die Lastwagen fahren zuweilen durchs Dorf, heute haben sie bei Walter Niemann dessen ganzes Brennholz abgefahren für sich. Das Gerede von den Kanonen auf der Kuhweide scheint nicht zuzutreffen, auch habe ich nicht erfahren können, ob es zutrifft, daß die Fischer nicht mehr mit ihren Booten rausfahren dürfen, aber Tatsache ist, daß der Darss für jedermam gesperrt ist. Niemand weiß, was da eigentlich geschieht.

     Das Leuchtturm-Bild macht gute Fortschritte u. verspricht, sehr schön zu werden.

     Fritz war Vormittags in Ribnitz u. erzählt, daß dort eine Preisprüfungs-Kommission von Geschäft zu Geschäft geht u. neue Preise für Waren festsetzt, völlig willkürlich, ganz ohne Rücksicht auf den Einkaufspreis.

Donnerstag, 31. Juli 1947.     

     Herr Sorg ist gekommen, er wird uns morgen besuchen. Sonst nichts von Bedeutung.

Freitag, 1. August 1947.     

     Entwurf für das neue Bild „Der Wartende“, dessen Eingebung mir P. Beckmann gegeben hat. Es ist mir gleich sehr gut gelungen.

     Nachmittags Frau Dr. Riemschneider mit ihren beiden Kindern. Der Mann wird erst morgen kommen. Sie erzählte von den kunstpolitischen Vorgängen in Schwerin, von ihrer berliner Reise u. Herrn William Wauer usw. Sie wird morgen mit ihrem Mann wiederkommen, um sich um 7 Uhr am Radio sprechen zu hören, da der Landessender ein Interview mit ihr veranstaltet hat über die im Augenblick im Landesmuseum stattfindende Ausstellung von Graphiken von Sella Hasse.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1947-07-29. , 1947, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-07-30_001.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2025)