Abends bekamen wir 40 Centner Preßtorf, den wir mit Hilfe aller verfügbaren Arbeitskräfte im Hof aufstapelten. Wir werden insgesamt 300 Centner Torf erhalten, zum weitaus größten Teil aber Stecktorf. Wegen des Heizwertes bin ich sehr skeptisch, aber Holz werden wir wohl schwer heranbekommen, da es keine Fuhrwerke gibt.
Vormittags das Leuchtturm-Bild angelegt.
Gestern kam noch spät abends Gretl Neumann zu Martha. Sie hatte wohl etwas läuten hören u. kam, um zu sehen, wie es ihr ginge. Ich habe sie selbst nicht gesprochen, aber sie hat Martha von dem Zustand erzählt, in dem sie u. das Kurhaus ist. Jeder bespitzelt den anderen. Ein Oberspielleiter des Landestheaters Schwerin hat sich erlaubt, eine abfällige Bemerkung über die Juden zu machen. Daraufhin hat er sofort die Aufforderung erhalten, das Kurhaus zu verlassen. Gleichzeitig ist nach Schwerin telegraphiert worden, sodaß der Mann dort gleich gebührend empfangen werden wird. Seine Stellung ist er auf jeden Fall los. – Der Stadtrat Matern u. der Polizeimann Scholz hocken den ganzen Tag zusammen, dazu Herr v. Achenbach wenn er hier ist. Gretl Neumann sagt, daß im Kurhause immerfort von meinen Bildern die Rede ist sie meint, ob es nicht besser sei, die Ausstellung zu schließen. Das werde ich aber denn doch nicht tun.
Vormittags war Koch-Gotha da u. sah meine Ausstellung an. Fritz ließ mich rufen. Ich ging rüber u. sprach mit ihm. Auch er war furchtbar verbittert. Er meinte, daß wir uns zwölf Jahre lang mit den Nazis herumgeschlagen haben u. mit Geschick dabei irgendwie noch existiert haben, aber diese Leute heute, meinte er, machen uns fertig.
Ein ruhiger Sonntag. Gott sei Dank! –
Vormittags an Dr. Krappmann geschrieben, von dem ich gestern einen Brief erhielt. Er schreibt sehr niedergeschlagen u. glaubt, daß die Verhältnisse in der englischen Zone nicht besser wären. Ich habe ihm geantwortet, daß das nicht stimmt. Gewiß sind auch die Engländer dumm u. töricht u. beuten uns aus wie u. wo sie können u. hindern den Wiederaufbau. Er schreibt, daß von 21000 Tonnen Zement, die Kiel zum Wiederaufbau erhalten habe, die Engländer 17000 to. für sich beschlagnahmt haben. Sie verwüsten die Wälder u. nehmen für sich u. für den Export die besten Obst= u. Gemüsesorten, während das Volk hungert. Ja, das mag wohl so sein, aber die Deutschen dort leben wenigstens nicht wie hier dauernd in Furcht vor Denunzianten u. vor plötzlichem Verschwinden. Daß Prof. Reinmöller verschwunden ist mag immerhin aus seinem Nazitum erklärt werden, aber warum ist Strohschnitter nun schon seit Monaten verschwunden? Wenn man Partikels Verschwinden dazurechnet, sind das drei Männer aus unserem kleinen Dorf, die spurlos verschwunden sind, – in der ganzen Ostzone aber sind es Ungezählte. Aber nicht nur die Russen müssen wir fürchten, fast noch mehr fürchten wir die SED. – Die
Hans Brass: TBHB 1947-07-25. , 1947, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-07-26_001.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2025)