Heute hat in Paris die neue Konferenz der Staaten für den Marshall-Plan begonnen. Es sind 16 europäische Staaten der Einladung gefolgt, 8 Oststaaten sind ferngeblieben. Von Rußland her ist eine maßlose Hetze gegen diese Konferenz im Gange, an der sich natürlich auch die Presse der deutschen Ostzone beteiligt. Im „Tagesspiegel“ soll bereits ein Artikel erschienen sein, der offen von der Einrichtung eines deutschen Weststaates spricht. So wird es ja wohl auch kommen! –
Das neue Bild „Der Zweifler“ geht seiner Vollendung entgegen u. wird sehr schön. Morgen Vormittag will ich in der BuStu. vier neue Bilder hängen: „Aufbruch“ – „Dämon“ – „Passion“ u. „Tulpen“. Am Nachmittag will ich wieder sprechen, es werden diesmal endlich einige Leute da sein, die etwas zu sagen haben, nämlich Friedr. Wolf, Gisy, u. a. Ich setze auf das Zusammentreffen mit diesen Leuten große Hoffnungen. – Ich machte die neuen Bilder heute zur Ausstellung zurecht u. verbesserte besonders am „Dämon“ noch einige mangelhafte Stellen. Diese neuen Bilder werden sicher stark wirken. – Heute ist es windig u. kalt.
Nachmittags war ich im Kunstkaten u. sah mir die schönen Aquarelle von Breuer an. Eines davon würde ich gern besitzen. –
Vormittags hängte ich mit Fritz die vier neuen Bilder in der Ausstellung, dazu noch den „Prophet“ u. „Winteraster“, sowie auch „Gespenst“, sodaß von den 17 dort hängenden Bildern sieben neu sind. Einige von den alten Bildern hängte ich um. So hatte die Ausstellung ein ziemlich neues Gesicht. Der Nachmittag aber, auf den ich so große Hoffnungen gesetzt hatte, verlief sehr negativ. Von den sogen. „Prominenten“ waren allein nur Friedr. Wolf u. Herr Sandberg erschienen, ein Maler, der jetzt das Witzblatt „Der Uhlenspiegel“ herausgibt. Herr Gisy, der im Kulturbund u. auch sonst in Berlin eine beachtliche Rolle spielt u. uns von Petersen sehr eindringlich mehrfach empfohlen war, ist nicht erschienen. Außer dem netten Herrn Buschmann aus Schwerin waren noch einige Schweriner Musikstudenten u. Studentinnen erschienen u. andere Damen. – Friedr. Wolf arrangierte nach meinem Vortrage eine Art Diskussion, die aber ziemlich dürftig verlief u. in der Herr Sandberg sein Angebot wiederholte, das er früher schon Martha gemacht hatte, nämlich mich nach Berlin zu holen u. mir dort einen Lehrauftrag für ich weiß nicht was zu beschaffen, jedoch wurde mir dabei mit großer Deutlichkeit zu verstehen gegeben, daß ich mich dann voll u. ganz auf die Gegebenheiten u. Erfordernisse der heutigen Zeit einstellen u. verpflichten müsse. Diese Forderung wurde auch von Wolf stark betont. Ich kann das nicht anders verstehen, als daß ich dann in die SED eintreten müsse, wozu
Hans Brass: TBHB 1947-07-12. , 1947, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-07-12_001.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2025)