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Seite:HansBrassTagebuch 1947-05-14 001.jpg

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Mittwoch, 14. Mai 1947.     

     Fühlte mich sehr schlecht, wäre am liebsten heute früh im Bett geblieben, stand dann aber doch um 7 Uhr auf. Nach dem Frühstück das neue Bild farbig angelegt. Ich glaube, daß es gut wird, – aber das glaube ich immer, wenn ich ein neues Bild anlege. – Den Rest des Vormittags verbrachte ich im Hintergarten, wo ich mich in die Sonne legte. – Nach Tisch schlief ich schlecht, schmerzhaften Krampf in den Füßen wie so oft. Um 4 Uhr kam Triebsch. Ich sprach eine u. eine halbe Stunde über Johannes den Täufer lieh ihm das alte u. das neue Testament, da er nichts davon besitzt, es ist alles in Berlin verbrannt. – Den Rest des Nachmittags verbrachte ich auf der Terrasse in der Sonne. Es war heute ein richtiger Hochsommertag. – Abends kam noch Fritz mit Post, darunter ein Päckchen von Otto Wendt, der uns unseren Anteil an einem Paket von Berta Wendt aus Buenos Aires schickte. Von ihr haben wir schon einmal Schmalz bekommen u. von diesem Fett leben wir. Heute war Bohnenkaffee dabei, sowie Kakao, Thee, Seife. Solche Pakete sind unsere Rettung, wir würden sonst wirklich schwer leben können ohne solche Hilfe. Gott mag es ihr lohnen! – Ganz Deutschland ist eine einzige Bettelnation geworden, u. obwohl das Ausland hilft, sterben doch unzählige an Hunger.

Donnerstag, 15. Mai 1947.     
Christi Himmelfahrt.     

     Ein schöner, sonntäglicher Tag, sehr warm. Es scheint aber, als wolle nun das Wetter wieder umschlagen – Es ging mir heute auch besser, wenn auch noch nicht gut.

Freitag, 16. Mai 1947.     

     Fühle mich nicht wohl, bin lustlos u. unfähig, die Gedanken zu konzentrieren. Habe morgens etwas gemalt, dann aber den ganzen Tag herumgesessen, ohne irgendetwas zu tun.

     Die außenpolitische Situation wird immer gespannter. Der französ. Außenminister Bidault hat offiziell im Parlament erklärt, daß –, falls die künftige Außenminister-Konferenz, die für November in London vorgesehen ist –, ebenso ergebnislos verlaufen sollte wie die Moskauer Konferenz, ein Krieg unvermeidlich sein dürfte. Nun glaube ich zwar, daß Bidault von Marshall u. Bevin aufgefordert worden ist, dergleichen zu sagen u. daß das Ganze ein diplomat. Bluff ist, um Rußland einzuschüchtern, aber immerhin zeigt das doch, wie ernst die Situation ist. Die Lage im Inneren in Deutschland ist noch schlimmer, der Hunger ist allgemein u. dazu eine völlige Hoffnungslosigkeit, Voraussetzungen zu allen Dummheiten, die möglich sind.

     Von Joseph Faensen Brief.

Sonnabend 17. Mai 1947.     

     Wenn ich im Oberkiefer noch Zähne hätte, könnte ich sagen, daß ich eine Wurzelhaut-Entzündung des rechten Augenzahnes hätte, da ich aber diesen Zahn nicht besitze, weiß ich nicht, wie ich eine solche Entzündurg benennen soll. Es mag auch belanglos sein, Hauptsache ist, daß ich diese Entzündung habe, von der ich, seitdem ich mir alle Zähne habe rausreißen lassen, geglaubt hatte, es sei unmöglich. – Nun, die Entzündung ist nicht sehr schlimm u. durchaus erträglich, aber sie ist eben da u stört. –

     Mittags traf ich in der BuStu. Herrn Risch, mit dem

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Hans Brass: TBHB 1947-05-14. , 1947, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-05-14_001.jpg&oldid=- (Version vom 18.1.2025)