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Seite:HansBrassTagebuch 1947-03-21 001.jpg

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ab für die Ordnung der Dinge u. Zeiten. Nachdem er sich entleert hatte, erholte er sich rasch. Ich empfahl ihm, einmal den ganzen Tag zu fasten, doch aß er am Abend wieder, als ob nichts geschehen sei.

Freitag, 21. März 1947.     

     Gegenwärtig, 1/2 12 Uhr nachts, regnet es draußen, sodaß morgen früh, falls es so weiter regnet, die Hauptmassen des Schnees wohl weggespült sein werden. Nur noch die erheblichen Berge des Schnees werden übrig sein. Auch das Eis auf dem Meere ist ziemlich aufgelockert, nur noch der Uferstreifen ist fest. Der Bodden wird längere Zeit dauern, er ist sehr tief zugefroren.

     Martha hat sich erkältet. Ich machte ihr einen Umschlag um den Hals u. gab ihr einen heißen Grog u. eine Tablette. Hoffentlich wird es nicht schlimmer. Wir beteten zusammen den Kreuzweg.

Sonnabend, 22. März 1947.     

     Heute schönes Frühlingswetter mit 12° Wärme mittags in der Sonne, aber auch abends ohne Sonne noch 8° Wärme. Jetzt in der Nacht warmer Regen, sodaß morgen kaum noch Schnee zu sehen sein wird. Die Dorfstraße ist freilich ein unpassierbarer Morast, aber das nimmt man gern in Kauf. Vor dem Hause ist ein großer See.

     Martha's Schnupfen ist in vollem Blühen. Habe ihr abends wieder Grog gemacht u. selbst auch einen getrunken.

     Fritz benahm sich wieder einmal schlecht. Er hatte einen Zusammenstoß mit Herrn Degner wegen 500,– Rm. die von mir s. Zt. aus der Notgemeinschaft als Spende für das Fischland-Krankenhaus gegeben wurden, die ich dann aber auf Geschäftskonto übernommen hatte, nach dem ich den Fonds der Notgemeinschaft ungekürzt der Gemeinde übergeben hatte. Inzwischen haben die Aerzte in Wustrow das Krankenhaus in eigenen Besitz übernommen u. haben die Spenden, die sie von den Gemeinden erhalten hatten, zurückgezahlt. Die Gemeinde-Verwaltung hatte gedacht, dieses Geld stillschweigend für sich vereinnahmen zu können, wogegen ich protestierte. Ich habe der Gemeinde die 200,– Rm., die wir persönlich damals gespendet hatten, als Geschenk überlassen, habe aber die 500,– Rm. zurückgefordert. Man will nun das Geld nicht gern herausrücken u. darüber ist es zwischen Degner u. Fritz zum Krach gekommen, oder vielmehr nur von Fritz, denn Herr Degner selbst ist ja viel zu schüchtern, um Krach zu machen. –

     Einen anderen Aerger hatte ich über Martha, der dadurch kam, daß Fritz anregte, unsere Kartoffelmiete zu öffnen u. die Kartoffeln zu sortieren, die guten in den Keller zu bringen. Herr Brandt hatte ihm dies gesagt. Martha wollte diese Dreckarbeit an einem Sonntag machen lassen. Es ist wirklich schlimm, wie oberflächlich doch letzten Endes Martha's Christentum ist. Sie redet gern davon, daß man aus dem Glauben leben müsse u. oft fühlt man eine recht fatale Ueberheblichkeit bei ihr gegenüber den Glaubenslosen oder denen, die sie dafür hält, aber dann hat sie nicht das geringste Bedenken, eine üble Dreckarbeit am Sonntag machen zu lassen, wodurch die Sonntagsruhe des ganzen Hauses gestört würde. Die Religion ist hier doch recht oft ein Schwelgen in schönen Gefühlen u. schönen Worten, in der Praxis versagt sie. Das hat mich überaus verstimmt. Es ist schwer, ihr das begreiflich zu machen, ohne das Gebot der Liebe zu verletzen. – Wie schwer u. unerfreulich ist doch dieses Leben, ich möchte oft gern davon befreit werden, doch fürchte ich, meine Sünden noch nicht gebüßt zu haben, sodaß ich wiederum froh bin, noch etwas Zeit dazu zu haben.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1947-03-20. , 1947, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-03-21_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.1.2025)