Den „Weg der Vollkommenheit“ habe ich zuende gelesen, ich werde die Lektüre sofort noch einmal wiederholen. Ein ebenso schönes wie überaus nützliches Buch. Es ist sehr klar, sodaß es einem wirklich Führer zu sein vermag. Abends wieder Briefe von Franz von Sales.
Der starke Frost hat wieder nachgelassen, aber es ist noch keine Aussicht vorhanden, daß Tauwetter eintreten wird.
Martha u. Fritz haben ihre Sorgen, um zur Leipziger Messe zu kommen. Fritz kam heute früh hier wieder an, seine Reise war völlig zwecklos u. überaus mühsam, da viele Züge nicht fuhren u. die Reisenden stellenweise 24 Stunden auf den Bahnhöfen herumlagen, bis wieder ein Zug kam. Und das alles bei dieser Kälte. Es ist erstaunlich, was die Menschen für Mühen u. Plagen auf sich nehmen, um irgend welchen dummen u. albernen Geschäften nachzugehen, die, wenn man näher hinsieht, ganz zwecklos sind. So auch diese Reise nach Leipzig. Es hat für das Geschäft nur einen Ausweis gegeben. Um den anderen zu bekommen, muß man es ertragen, daß der völlig betrunkene Herr Kramer am Sonntagabend ins Haus kommt u. die Luft verpestet, weil er einen Ausweis mehr hat, den er nicht gebraucht. Nun sind endlich zwei Ausweise da, aber der eine ist für den zweiten, der andere für den siebenten März gültig, d.h., es ist praktisch eben garkein Ausweis da. Auf's Neue sind endlose Beratungen notwendig, wie es zu bewerkstelligen ist, daß beide Ausweise auf den gleichen Tag lauten. Dafür muß telephoniert werden, was nur über die Post geht, da wir immer noch kein Telephon haben u. es muß riskiert werden, daß beide am Sonnabend schon nach Rostock fahren, um zu versuchen, eine Umschreibung vornehmen zu lassen. Und wenn das nicht gelingt, werden beide unverrichteter Dinge zurückkommen u. alle Arbeit u. Kraft ist umsonst vertan. – Wenn sie das tun, ist das ja ihre Sache, das Schlimme ist nur, daß ich notgedrungen in diese Unordnung u. Nervosität hineingezogen werde, ich mag wollen oder nicht. Es ist das wahrhaftig ein nicht leichtes Kreuz u. der Herr möge mir Geduld geben. –
Wieder hat der Frost zugenommen, dabei ein scharfer Nord-Ost, der durch alle Mauern geht. Und nach der Wetterlage garkeine Aussicht auf Besserung. Die Reise zur Leipziger Messe wird unter diesen Umständen ein geringes Vergnügen sein u. scheint zweifelhaft. –
Konow brachte mir heute die Rahmen für meine letzten Bilder. Er stellte dafür 10,– Rm. in Rechnung, ich zahlte ihm 20,– Rm.
Den „Weg der Vollkommenheit“ habe ich heute zum zweiten Male durchgelesen. Ein wunderbares Buch, das mir sehr genützt hat. Nun werde ich auch noch die „Seelenburg“ lesen.
Martha war heute Nachmittag bei Frau Longard, die sehr um ihren Besuch gebeten hatte, da Martha schon seit drei Wochen nicht mehr bei ihr gewesen war.
Konow hat mir nun auch einen Rahmen für das
Hans Brass: TBHB 1947-02-25. , 1947, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-02-26_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.1.2025)