aber auch wegen meiner Malweise, die er einen „Hexensabbat von Farben u. Masken u. Fratzen“ nennt. Es nennt meine Malerei eine Gefahr (!) –, weil dadurch junge Malschüler irritiert werden könnten. Man spürt dahinter den geheimen Wunsch eines Verbotes wie zu Hitlers Zeiten, nun aber auf Geheiß von Wilhelm Pieck. – Die Landes Zeitung selbst fordert in einer Bemerkung zu weiterer Debatte auf. Das kann ja gut werden. –
Gestern vergaß ich daß ein geistlicher Herr in der BuStu. war. Derselbe ist mit Sudeten=Flüchtlingen nach Wustrow gekommen u. er will nun regelmäßig sonntags bei uns Gottesdienst halten, erstmalig heute Nachmittag 3 Uhr. Ich selbst habe den Herrn noch nicht gesehen.
Gestern Abend kam Fritz zurück. Es war schon ziemlich spät u. er erzählte viel; aber meine Hoffnung, daß sich da eine Heirat anspinnen könnte, scheint sich nicht zu verwirklichen.
Fritz brachte mir noch Zeitungsausschnitte mit, von denen eine Notiz im „Demokrat“ für mich neu war. Es wird auf die stattgefundene Diskussion vor meinen Bildern hingewiesen in sehr wohlwollender Weise. Fritz sagt, es seien etwa 400 Menschen zugegen gewesen. Der Kritiker des Demokrat: Götz-Günther Keil, stellt fest, daß die rege Beteiligung beweise, daß die Schweriner Bevölkerung sich ernsthaft mit meinen Bildern beschäftige. Das Publikum erkenne widerspruchslos das ernste Ringen an, das in meiner Arbeit zum Ausdruck komme, wenn auch die Meisten die Bilder ablehnten. – Diese Kritik ist also sehr anständig. –
Außerdem ist im „Demokrat“ noch eine weitere Kritik von Ursula Karsten erschienen unter dem Titel: „Zeitnahe Kunst, ein drittes Wort zur Ausstellung Hans Brass.“ Diese Kritik ist sehr positiv u. ausführlich. – Es geschieht also in Schwerin wirklich sehr viel. –
Fritz brachte mir ferner einen ausführlichen Brief von Frau Dr. Riemschneider mit. Er ist am vorigen Sonntag gleich nach der Diskussion geschrieben u. sie versucht, mir dieses Ereignis zu beschreiben, obgleich sie, wie sie schreibt, noch keinen rechten Abstand dazu habe. Sie schreibt, daß die Diskussion würdig u. wohlgelungen verlaufen sei u. manch einer dadurch doch noch ein positives Verhältnis zu meinen Bildern gefunden habe. Von Pfr. Dr. Schräder schreibt sie, daß er der Sache „lächelnd u. schweigend beigewohnt“ habe.
Die Diskussion wurde von Ehm Welk eröffnet. Es sei dann gleich der Maler Gahlbeck aufgetreten, wohlpräpariert mit vielen Notizzetteln bewaffnet, der die Ansicht vertreten habe, daß meine Malerei eine Sackgasse sei. Daraus habe sich eine fruchtbare Diskussion zwischen G. u. Frau Dr. R. ergeben, die aber leider durch „Kulturbundquerulanten“ Adam Scharrer wieder gestört wurde. Dieser selbe Mann hat ja auch in der Landeszeitung versucht, mich runter zu reißen. Herr Sch. meinte, daß diese Diskussion ein leeres Fachgespräch sei, das nicht interessiere, meine Kunst
Hans Brass: TBHB 1946-10-19. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-10-20_001.jpg&oldid=- (Version vom 26.11.2024)