Gemüsebeete angelegt, was gewiß sehr viel Arbeit gemacht hat u. dauernd erfordert. Im übrigen war es so langweilig wie immer. Das Ehepaar sagt sich dauernd versteckte Unfreundlichkeiten, bzw. pöbelt sich gegenseitig unverhohlen an u. verpestet damit die Atmosphäre. Nach zwei Stunden hatte ich genug u. wir brachen wieder auf, wobei ich gut meine Krankheit vorschützen konnte. Ich war in der Tat so erschöpft, daß ich es nicht länger ertragen konnte. Abends gingen wir dann früh schlafen. Ich hatte in der Nacht vorher wieder sehr wenig geschlafen u. holte das in dieser Nacht wieder gut ein, obschon wir in der Nacht das erste Gewitter hatten. Heute regnet es, was sehr nötig ist für das Wachstum, es war überaus trocken. Starker Nord-Ost-Wind der letzten Tage hatte alles ausgedörrt.
Heute Morgen habe ich das Kirschblüten-Bild angelegt. Beim Ordnen u. Zurechtmachen meiner alten Zeichnungen fand sich eine Zeichnung aus dem Jahre 1923, die mir ungemein gut gefällt. Es ist ein Interieur, die rechte Stube im kleinen Haus, ehe das Zimmer für die BuStu. umgebaut worden ist. Ich will davon ein Bild malen in ziemlich großem Format, etwa 150 x 110 cm., Querformat. Es wird mich zwar sicher sehr anstrengen, aber es reizt mich sehr. Vor einer parallel zur Bildfläche stehenden Wand, die ich mir in hellrosa Tönen denke, steht ein Sofa, altmodisch grün, davor ein Tisch mit weißer Decke, Fußboden mit braunem Teppich. Das Sofa steht in einem Winkel, welcher durch einen schweren, grünen Vorhang gebildet wird u. in diesem Winkel sitzt eine lesende Frau, deren Buch auf dem Tisch liegt. Rechts ist ein Fenster, durch das gelbes, warmes Sonnenlicht hereinflutet, ein Tisch mit Blumen u. ein Glasschrank, der aber nur andeutungsweise da ist u. durch den man zeitweise hindurchsieht. Links vorn Vorhand ist noch ein Fenster, dessen Licht durch grüne Bäume gedämpft wird, ebenfalls mit Blumen. Das Ganze ist sehr räumlich, sehr lebendig u. sehr farbig. –
Die zu erwartenden Sommergäste sollen erst am kommenden Sonnabend eintreffen. Die Ahrenshooper sind sehr in Erwartung. – Heute brachte Frau Burgartz die neuen Lebensmittelkarten-Bescheinigungen. Man hat mich diesmal wieder um eine Stufe herabgesetzt. Frau B. sagte mir, daß die Russen wieder schärfere Bestimmungen erlassen hätten. Dafür kosten diese Bescheinigungen jetzt neuerdings 1,– Rm. Gebühren an den Kulturbund, der damit seine schmale Kasse auffüllt.
Seit heute habe ich eine neue Euvernil-Kur begonnen, die ich vier Tage einhalten will.
Gestern Nachmittag Leinewand aufgespannt 150 x 115. Für dieses Maß hatte ich Keilrahmen, das frühere Bild „Jo + Jupiter“ war darauf, das wir kürzlich aufgefunden haben u. das so wie so total verdorben war, weil es jahrelang in dem feuchten Raum meines früheren Ateliers gestanden hat. Es soll nun das Interieur darauf kommen. Ich habe die Leinewand auch gestern grundiert, leider war die Grundierfarbe nicht mehr recht brauchbar. Ich werde die Fläche, die sehr ungleichmäßig geworden ist, mit Schmirgelpapier abreiben müssen u. dann wahrscheinlich ein zweites Mal grundieren müssen.
Gestern wurde erzählt, daß am Sonnabend ein Last=Auto bei Reinmöller vorgefahren sein soll, mit dem Russen alle Kleider u. Wäsche von Prof. R., sowie Teppiche u. Möbel abgeholt haben sollen. Ich sah allerdings ein sehr hoch mit allerhand Möbeln bepacktes Auto hier vorbeifahren.
Hans Brass: TBHB 1946-05-27. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-05-28_001.jpg&oldid=- (Version vom 4.12.2024)