mir im Zimmer Kaffee, wozu wir auch Frau Longard einluden. Nachher hatte ich noch fruchtbare, religiöse Gespräche mit P. Drost.
Heute früh ist er nun wieder abgefahren. Vergelte es ihm Gott, was er an uns getan hat. Ich war so erfüllt vom Reichtum dieser Tage, daß ich darüber vergaß, meinem Dank auch Ausdruck zu geben in Gestalt einer geldlichen Entschädigung, die ich ihm nun per Postanweisung nachsenden werde.
Ich habe eine recht gute Nacht verbracht, nachdem ich am Freitag Abend die zweite Euvernil=Kur angefangen habe. Das Mittel wirkt sehr gut. Da ich an den Nieren keine Beschwerden mehr spüre, sondern nur noch in der Blase, die freilich überaus lästig sind, habe ich nun doch ein wenig Hoffnung, daß ich dieses Leiden vielleicht mit der Zeit wieder los werde, denn auch diese Beschwerden sind durch das Euvernil bereits besser geworden.
Heute Morgen erhielten wir von Klaus ein Antwort-Telegramm: „Fritz unterwegs zu Euch, eintreffen etwa 8. Mai“. Wir freuen uns überaus. –
Es ist heute herrliches Frühlingswetter.
Schönes Frühstück mit Bohnenkaffee, der zwar nach Mottenkamfer schmeckt, aber doch die Lebensgeister aufmöbelt, ein Ei u. Butterbrot, u. alles in Gemächlichkeit hier unten in meinem Zimmer, da wir heute die Andacht ausfallen ließen, denn es war ja in dieser Woche reichlich Gottesdienst. Gesundheitlich geht es mir auch gut, die neue Euvernilkur bekommt mir ausgezeichnet.
Gestern bekamen wir eine Karte von Otto Wendt, der uns mitteilte, daß er Fritz erwartet. Er fährt also über Hamburg u. muß jeden Tag hier eintreffen, denn Ottos Karte war schon vom Mittwoch vor acht Tagen.
In der „Täglichen Rundschau“, diesem russischen Propagandablatt u. kommunistischen Hetzblatt steht ein Artikel von „Oberregierungsrat Venzmer“, indem mit lehrerhafter Pedanterie u. Arroganz den Künstlern Anweisungen gegeben werden, wie u. was sie zu machen haben. Dieser ehemalige, in Schwerin lebende Zeichenlehrer ist Präsident der Sektion für bildende Kunst im Kulturbunde. Er sitzt eben in Schwerin, wo es sonst keine Künstler gibt, u. so ist er dieser Präsident geworden, u. jetzt ist er Oberregierungsrat. Es ist wahrhaftig eine Affenschande.
Gestern Abend besuchte uns Ilse Schuster, die aus Magdeburg für einige Tage hier ist. Sie wird jetzt ebenfalls dort im Kulturbund eine Stellung bekleiden u. sie erzählte von diesem Kulturbund, der immerhin wenigstens einige beachtenswerte Mitglieder hat, die auch offenbar etwas zu sagen haben, während hier in Mecklenburg alle naturhaften Künstler sich zurückhalten. Im übrigen ist auch dort alle Arbeit ohne Sinn, denn Magdeburg ist eine absolute Trümmerstadt u. für kulturelle Bestrebungen ist garkein Raum. Frau Sch. möchte gern, daß ich dort eine Ausstellung mache, da der Vorsitzende dort meinen Namen kennt u. gern bereit ist, eine Sonderausstellung zu machen; aber ich fürchte mich davor.
Hans Brass: TBHB 1946-05-05. , 1946, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-05-05_001.jpg&oldid=- (Version vom 25.11.2024)