habe Herrn Schwertfeger, der heute nach Rostock zum Studium zurückkehrt, nachdem die Osterferien vorbei sind, einen Brief für den Kulturbund mitgegeben u. habe anheim gestellt, von meinen Zeichnungen, die in der sogenannten Kunsthandlung Krüger u. Weiß sind, geeignete Blätter für diese Ausstellung auszuwählen. Im übrigen habe ich darum gebeten, die restlichen Zeichnungen nun endlich an mich zurück zu senden. Die Verhältnisse dort im Kulturbund scheinen sehr fragwürdig zu sein. Herr Schwertfeger erzählt mir, daß Herr Weiß sehr unfreundlich gewesen sei, als Herr Sch. das letzte Mal dort war u. sich geäußert haben soll, daß er kein Interesse an meinen Bildern hätte. Es scheint, daß es besser ist, sich an den Dingen des Kulturbundes nicht mehr zu beteiligen, offenbar fehlt da der Zusammenhalt. Besonders dieser sogenannte Kunsthändler, Herr Weiß, ist offensichtlich ein robuster Geschäftemacher, mit dem man besser nichts zu tun hat. Diejenigen Rostocker Künstler wie Schmidt-Detloff, die etwas auf sich halten, sind mit Herrn Weiß bereits zusammengeraten wegen seiner raffigen Geschäftemacherei u. auch der sympatische Herr Kreuzberg unterschreibt keine Briefe mehr, sodaß ich annehme, daß er sich ebenfalls zurückgezogen hat. –
Am Sonnabend kam der junge Fritz Oehmke, um sich von mir eine Bescheinigung geben zu lassen, daß er zwar PG. gewesen sei, sich aber nicht aktiv beteiligt hat. Ich gab sie ihm, obgleich ich Bedenken hatte, denn ich habe doch früher gehört, daß er sich zum Leidwesen seines Vaters als ziemlich eifriger Nazi aufgeführt hat. Aber jetzt beteuern alle diese Leute, daß sie nie Nazi gewesen sind. Trotzdem halte ich es für praktischer, diese Leute zu „Entnazifizieren“, wie der Fachausdruck lautet, damit sie nicht ausgeschaltet werden, sondern mitarbeiten. Wir können es uns nicht leisten, all diese vielen Menschen aus der Arbeit auszuschalten mit Ausnahme natürlich derer, die in führenden Stellungen sind u. da Unfug anrichten können. Es ist übrigens typisch, daß der junge Oehmke in die CDU. eintreten will. Wieder einer, der vom Christentum nicht mehr als den Namen kennt.
Am Sonntag hatten wir wieder Andacht. Es fiel mir noch schwer, aber es war wieder sehr voll. Am Nachmittag war Herr Triebsch zum Kaffee bei uns. Seine Frau ist für eine Woche nach Berlin gefahren. T. stellte Fragen über Katholizismus, die zeigten, daß er wirklich noch kaum eine Ahnung hat. Dennoch ist er bestrebt, in das Gedankengut einzudringen. Wenn P. Drost sein Versprechen wahr macht u. uns im Mai einige Vorträge halten wird, so wird das Herrn T. sehr nützlich sein.
Das Wetter ist leider vorwiegend trübe u. nicht sehr warm, sehr ungünstig für meinen Blasenkatarrh.
Wir warten täglich auf Fritz, aber vergeblich. Martha wird heute an Klaus telegraphieren u. anfragen, wo er ist.
Am Sonnabend erhielten wir zahlreiche Päckchen von Ruth aus Regensburg, darunter Gries u. Haferflocken u. a. Nährmittel. Das ist für mich unschätzbar. –
Politisch scheinen wir vor einer sehr ernsten Entwicklung zu stehen. Die Vereinigung von SPD. u. KPD. ist nun Tatsache geworden. Sie ist mit höchst unsauberen Mitteln betrieben worden, jedoch nur hier in der russischen Zone. Es ist ein Rest der alten SPD. übrig geblieben u. man wird abwarten müssen, ob dieser Rest sich gegen den Terror der anderen Seite behaupten kann. Die Russen werden zweifellos alles
Hans Brass: TBHB 1946-04-29. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-04-26_002.jpg&oldid=- (Version vom 24.11.2024)