das allerdings für mich überaus deprimierend. Aber heute denke ich doch, daß ich es schaffen werde.
Es ist noch einmal Winter geworden. Es liegt Schnee u. wir haben jetzt am Nachmittag 4° Kälte. Es ist kälter, als es heute früh war.
Man hört von verschiedenen Seiten, daß beschlossen worden sei, Ahrenshoop auch in Zukunft nicht mit Flüchtlingen zu belegen, sondern vielmehr möglichst bald wieder für den Badebetrieb frei zu machen u. vor allem als Künstlerort zu bevorzugen. Wenn sich das bewahrheiten sollte, wäre das freilich ein bedeutender Hoffnungsschimmer. Wenn auch nur wenig Sommergäste kommen werden, würde das doch für uns von großer wirtschaftlicher Bedeutung sein. Ich würde dann meine Bilder in der BuStu. ausstellen.
Wieder ein Brief von Fritz, Nr. 14 v. 9. II. Er ist wieder gesund u. arbeitet wieder als Dolmetscher. Auch von Irmingard Wegscheider ein Brief, aus dem hervorgeht, daß Klaus immer noch derselbe Narr ist wie früher u. nichts gelernt hat. Es ist gradezu trostlos u. er mag mir nun gestohlen bleiben.
Nachmittags wieder bei Triebsch, dem ich sagte, daß es keinen Zweck hätte, jeden Freitag eine Unterhaltung zu veranstalten, wenn dabei nicht über Religion gesprochen würde. Er bat mich, von jetzt ab selbst irgend ein Thema anzuregen.
Der Christkönig hat heute bedeutende Fortschritte gemacht. Ich habe das Gesicht sehr viel heller gemacht, aber, wie ich abends feststellte, noch immer nicht hell genug. Dabei gerate ich in die Gefahr, daß das ganze Gesicht fade wird, ich werde morgen trotz weiter verstärkter Helligkeit einige kräftige Schatten hineinsetzen müssen. Es strengt sehr an. Am 11. Februar habe ich mit dem Bilde angefangen u. arbeite nun schon elf Tage daran, obwohl ich am 13. Febr. notierte, daß sich dieses Bild sehr leicht malen lassen würde. So irrt man sich! Es ist weder in den Formen u. noch viel weniger in den Farben so einfach, wie ich dachte.
Heute ist das Gesicht des Christkönigs fertig geworden. Ich habe noch eine Aenderung vorgenommen, indem ich das herabwallende Haar rechts u. links die Stirn überschneiden lasse u. die Kanten mit einem schmalen, roten Streifen betont habe. Dadurch habe ich den ganzen Kopf mehr in den Raum hineinbekommen, er steckt jetzt gewissermaßen im Haar wie in einer Hülle, während das Gesicht bisher davor lag. Außer diesem räumlichen Reiz habe ich dadurch auch erreicht, daß die große, rote Fläche des Gewandes nach oben in das Bild hinein ausklingt. Ich werde sogar noch über der Stirn in dem nach unten gerichteten Winkel der Krone diese rote Farbe noch einmal wiederholen u. hoffe, damit einen neuen, sehr schönen Reiz zu erzielen. Das Gewand selbst will ich ebenfalls noch etwas aufteilen u. die nach oben strebenden Formen der Krone u. des Gesichtes im umgekehrten Sinne wiederholen. Es bleibt dann nur noch der Bart u. die Hand zu malen, was beides, wie ich hoffe, keine großen Schwierigkeiten mehr machen wird.
Draußen ist heute ununterbrochenes Schneetreiben bei gelindem Frost, der Schnee liegt recht hoch. Ich denke
Hans Brass: TBHB 1946-02-21. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-02-22_001.jpg&oldid=- (Version vom 14.11.2024)