ergab sich, daß im Kopf noch viel zu viel Detail vorhanden ist. Ich habe zunächst den Bart farbig aufgelöst, so daß er jetzt heller u. schleierhafter ist u. habe im Gesicht um die Nase u. die Wangen alle Formen aufgelöst. Morgen muß ich versuchen, den Anschluß an die Stirn zu gewinnen u. die jetzt viel zu starken Formen um die Augen aufzulösen. Es wird das alles nicht einfach sein. Es muß alles in dem von oben flutenden Licht aufgelöst sein u. doch muß alles da sein. Es wird schwer werden!
Am Kopf des Christkönigs gearbeitet. Langsamer Fortschritt.
Weiter am Christusbilde gearbeitet. In der Nacht, als ich wegen des Bildes nicht schlafen konnte u. betete, fielen mir einige Aenderungen ein, die nur einfach sind u. die Komposition nicht stören, vielmehr dieselbe noch stärker zusammenfassen, die aber dennoch eine nochmalige Bearbeitung des ganzen Hintergrundes notwendig machten. Ich habe das heute gemacht u. hoffe, nun die Lösung gefunden zu haben, durch die nicht nur der Kopf, sondern auch das Gewand u. die Krone noch inniger in das Gesamtbild verwoben werden. Mit dem Gewande war ich schon ganz zufrieden gewesen, aber die Arbeit heute hat mir gezeigt, daß auch dieses noch immer ein Sonderdasein führte u. nicht in das Ganze verwoben war. Das ist immer das Geheimnis eines jeden Bildes, daß alles miteinander in Beziehung steht u. daß nichts etwas will, was nicht der Wille aller Formen, Farben u. Linien ist. Es ist das ungeheuer schwer zu finden; aber wenn es dann gefunden ist, dann ergibt sich ein unsagbares Glücksgefühl, eine wirkliche Befreiung.
Heute von Fritz Brf. Nr. 13. Der arme Kerl ist krank, offenbar eine Erkältung, aber er scheint doch auch noch mit seiner Gehirnerschütterung zu schaffen zu haben u. klagt viel über Kopfschmerzen u. allgemeine Schwäche.
Von Else bekam ich ein Fläschchen Terpentinöl. Leider keinen Leim u. auch kein Oel, das ich für die Grundierung von Leinewand brauche.
Die Arbeit am Christusbilde strengt sehr an, es ist sehr schwer zu malen.
P. Drost teilt heute mit, daß er abgelöst worden ist durch einen jüngeren Herrn. Er selbst ist jetzt in Rostock, wo er, wie mir scheint, ein Jesuitenhaus einrichten soll. Er schreibt nichts davon, ob sein Nachfolger am 27. Febr. hier bei uns sein wird, wie es verabredet war.
Vom Rektor Dutemeyer Müritz Nachricht, daß er wieder gesund ist. Er hat Typhus gehabt u. ist dem Tode entronnen.
Heute die Lichtkrone des Christkönigs noch weiter aufgelöst. Sie wirkt jetzt wirklich wie aus Licht gewoben. Den Kopf habe ich ebenfalls weiter entmaterialisiert, aber es genügt noch nicht. Ich werde ihn wahrscheinlich noch mehr in geometrische Formen zurückführen müssen. Auch die Farbe ist noch zu dunkel u. zu materiell, das Gesicht muß durchsichtiger werden. Der Bart scheint jetzt im großen Ganzen richtig zu sein, ich habe starke, grüne Töne hineingegeben, reines Chromoxydgrün. Es ist ungemein schwer, aber nicht hoffnungslos. Gestern war ich allerdings sehr voll Angst, daß ich nicht weiter käme. Wenn ich dieses Bild nicht schaffte, wäre
Hans Brass: TBHB 1946-02-19. , 1946, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-02-19_001.jpg&oldid=- (Version vom 14.11.2024)