wohnt u. man Geld von dort nicht in die russische Zone schicken kann. Er schickt mir einen Brief seines Vaters mit, in dem dieser ihm dies mitteilt. Unter diesen Umständen macht er jetzt von meinem Angebot Gebrauch u. bittet mich um Geld, das ich ihm gleich morgen senden werde. – Es wird schwer sein für viele dieser heimgekehrten Soldaten, wieder zurück zu finden, – so ging es mir auch im Jahre 1918, – u. so wird es auch Fritz gehen.
An Mehliss u. an Dr. Krappmann geschrieben.
Nachmittags waren Paul u. Grete hier. Belanglos.
Heute das neue Bild „Weihnachtskrippe“ angelegt. Sieht sehr gut aus.
Von Else ein Brief. Sie will wissen, daß Hermes u. Dr. Schreiber, die gewesenen Vorsitzenden des Christl-Demokrat.-Union s. Zt. von einem russischen Major ein fertiges Schriftstück vorgelegt bekommen hätten, nachdem beide Herren ihr Amt innerhalb einer Stunde niederzulegen sich verpflichteten. Ich habe davon bisher nichts gehört, jedoch klingt es sehr wahrscheinlich. Das ist russische „Demokratie“!
Von Frl. Theodora + Maria Becker kam ebenfalls ein Brief, in dem sich folgender merkwürdige Satz befindet: „Nun haben uns die letzten Tage ja eine Nachricht, von ganz großer Bedeutung gebracht: Die bolschewistische Idee ist nun durch die christliche Idee besiegt. Stalin hat sich doch verrechnet. Mit Gottes Hilfe werden wir nun an den Neubau unseres Vaterlandes gehen voll dankerfüllten Herzens gegen Gottes geistige und gnädige Hilfe. Die russisch besetzten Zonen werden den Unterschied ganz besonders merken u. wir werden uns mit ihnen freuen. Viele unserer Verwandten in Rostock u. a. Städten haben schwer leiden müssen, so plötzlich ohne alle Mittel zu sein. Nun ist auch für sie die Wohnfrage gelöst“ – Was dieser Satz bedeuten soll, weiß ich nicht. Gleichzeitig höre ich aber von Frl. v. Tigerström, die gestern in Wustrow bei ihrer Kusine Evi Schönherr war, daß dort ein ehemaliger deutscher Offizier aus der englisch besetzten Zone angekommen sei, auf dessen Paß vermerkt ist, daß sich der Paßinhaber in Rostock in der „englischen Gesandtschaft“ zu melden habe. Frl. v. T. will das mit eigenen Augen gesehen haben. In Rostock gibt es aber keine englische Gesandtschaft. Sollten nun wirklich doch die Russen hier abziehen u. den Engländern Platz machen? – Die Damen Becker wohnen ebenfalls im englischen Gebiet in Wilhelmshafen. –
Ich glaube, daß dies der beste 29. Januar gewesen ist, den Martha u. ich in diesen 25 Jahren, seitdem wir uns nun kennen, gefeiert haben.
Gleich zum Frühstück trug uns unsere Trude ein Frühstück auf mit Bohnenkaffee, Butter u. für jeden ein Ei. Wir frühstückten im Atelier in der warmen Ecke bei der Heizung. Draußen war Tauwetter eingetreten u. es war warm im Haus. Nach dem Frühstück rauchte ich eine von den Weihnachts-Zigarren von Fritz. Obwohl Martha eine schlechte Nacht gehabt hatte, wurde sie während des Frühstücks zusehends besser.
Später schrieb ich in meinem Zimmer einen ausführlichen Brief an Else. Mittags setzte uns Trude wieder ein fabelhaftes Essen hin mit Hirschfleisch, welches wir von Margot Seeberg für Schnaps bekommen hatten u. das Margot S. von den Russen erhalten hatte.
Hans Brass: TBHB 1946-01-27. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-01-28_001.jpg&oldid=- (Version vom 6.11.2024)