aber gern bereit wäre, ihm die Grundlagen des Glaubens klar zu legen. Er wollte, wie er sagte, meine Zeit nicht beanspruchen; aber er war doch hoch erfreut. Seine Frau kann nun mit Martha das Weitere ausmachen. Beim Abschied –, ich war volle drei Stunden bei ihm –, war er offensichtlich sehr freudig bewegt, sodaß er meine Hand mit beiden Händen ergriff u. drückte.
Uebrigens war auch Frau Gläser bei Martha u. hat gesagt, daß ihr Mann seit meinem Besuch wie ausgewechselt wäre, er hätte wieder Lebensmut. Tatsächlich sah ich ihn, als ich zu Triebsch ging, im Garten gehen u. kleine Stücke Holz sammeln. Er rief mich im Vorbeigehen an u. ich hatte auch den Eindruck, daß es ihm sehr viel besser ginge.
Von Fritz hatten wir heute wieder einen Brief Nr. 9. Nr. 7 fehlt immer noch. Er schreibt jetzt mit viel Liebe von den religiösen Fortschritten, die er macht u. für die die Abgeschlossenheit u. Sammlung im Gefangenenlager überaus fruchtbar zu sein scheint. Das sieht er selbst ein u. dadurch findet er sich mit seinem Dasein leichter ab. Er klagt nur, daß er niemanden hat, mit dem er seine religiösen Gedanken besprechen kann, aber das ist kein Unglück, es vertieft seine Innerlichkeit viel besser, als wenn er gleich alles wegreden kann.
Abends war Deutschmann da u. holte sich die politische Ehrenerklärung ab, um die er mich gebeten hatte. Er erzählte nebenher von den Gründen, weshalb Paul sich als Sekretär so unbeliebt gemacht hat. Paul hat eben, wie es seine Art ist, alles bürokratisch erledigt u. das Menschliche niemals berücksichtigt. Das stimmt schon, deshalb ist er ja auch tatsächlich selbst für die einfachsten Büroarbeiten in der BuStu. nicht zu gebrauchen. Was ihm in die Finger kommt, erledigt er stur u. gewissenhaft bis zum letzten Pünktchen, aber es fehlt leider nur die Seele.
Gestern an Fritz geschrieben, weil ich Zeit hatte, da ich erst am Montag mit einem neuen Bilde beginnen will. Ich werde jetzt die Weihnachtskrippe malen, ein Bild auf das ich mich schon besonders freue.
Die Andacht heute war wieder sehr voll u. sehr schön, obgleich einige unserer Freunde fehlten wie Carmen Grantz u. Frau Triebsch.
Es ist dauernd sehr kalt draußen u. es geht beängstigend über unsere Kohlen her. Hoffentlich schickt Schütz bald den versprochenen Koks.
Von unserem Freunde Mehlis, ehemals Stabsgefreiter in der Batterie, bekamen wir gestern einen Brief aus Gotha. Der arme Kerl ist, wie ich vermutet hatte, zuerst in Berlin, von wo er uns 2 x Postkarten geschrieben hatte, schwer krank geworden an Lungenentzündung u. hat fast 4 Monate im Krankenhause gelegen. Nun ist er in seiner Heimat im Thüringer Walde, wo er Erholung zu finden hoffte, aber er schreibt: „Ueberall, wohin ich komme, muß ich mir sagen lassen, daß ich hier nicht zuständig bin“. Er fährt fort: „Es ist wahrhaftig wenig erfreulich, daß ein entlassener Soldat um seine Lebensmittelkarten betteln muß, so war es in Berlin u. so ist es hier.“ – Er klagt sehr über allgemeine Körperschwäche, sodaß er in seinen Beruf als Seemann nicht zurückkehren kann, da er selbst leichte Arbeit kaum leisten kann. Ich hatte mir dergleichen gedacht u. ihm geschrieben, daß er mir sagen solle, ob er Geld brauche. Nun schreibt er, daß es seinem Vater z. Zt. nicht möglich wäre, ihm Geld zu schicken, da dieser in München in der amerikanischen Zone
Hans Brass: TBHB 1946-01-25. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-01-27_001.jpg&oldid=- (Version vom 6.11.2024)