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Seite:HansBrassTagebuch 1945-12-24 002.jpg

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besaß, unzuverlässig oder ganz kaputt war, ist dies ein sehr willkommenes Geschenk. Ferner hatte M. auch noch einen kleinen Reisewecker gefunden, dazu noch zwei Paar wollene Socken, ein Stück Seife, und – das Erfreulichste: eine Kiste Zigarren, keine sehr hervorragende Qualität, aber schön groß von Format, wie ich sie so liebe. Diese Zigarren waren bei Fritz im Zimmer gewesen u. trugen den Vermerk: Für Oha von Fritz zu Weihnachten 1942. Sie waren damals vergessen worden u. nun wieder aufgetaucht u. nun eine ganz große Freude. – Mir selbst war es nur gelungen, ein Stück Speck im Tausch gegen Tabak für Martha aufzutreiben.

     Wir saßen dann am Radio, in dem ununterbrochen weihnachtliche Sendungen gegeben wurden, später auch eine Mitternachtsmesse mit Kardinal Faulhaber aus München. Auch von vielen anderen Sendern wurden Mitternachtsmessen gesendet; aber die Messe, die ich eigentlich hören wollte aus einer Benediktiner-Abtei in England, konnte ich leider nicht bekommen. Welch ein Unterschied war es: seit vielen Jahren hörten wir zu Weihnachten im Radio nichts als Tanzmusik oder nationalsozialist. Propaganda. So blieben wir bis 2 Uhr auf u. hörten.

     Gestern frühstückten wir erst um 10 Uhr mit Ei u. Bohnenkaffee. Alles war uns ins Haus gebracht worden. Nachher machte ich eine Kreideskizze von unserer Krippe, die ebenfalls so fertig ist, daß ich glaube, ohne weiteres daraus ein Bild machen zu können. Es scheint tatsächlich bei mir etwas ganz Neues eingetreten zu sein: die künstlerische Produktion verläuft mühelos u. ohne mühseliges Ringen mit Problemen. Es wäre ja wunderbar, wenn ich nun wirklich dahin kommen sollte, mit Vergnügen zu malen. Die maßlose Anstrengung, die mir das Malen früher bereitet hat u. die bis zur völligen körperlichen Erschöpfung ging, scheint einer bisher nie gekannten Leichtigkeit gewichen zu sein.

     Nachmittags fand bei Knecht in der Veranda das Krippenspiel der Frau Seeberg statt. Es war aber derart voll, daß wir das Lokal wieder verließen, da wir nichts sehen konnten. Die Ankündigung, daß das Spiel nach einer Stunde wiederholt werden würde, gab uns den willkommenen Anlaß, mit Anstand wieder zu gehen. – Draußen trafen wir Frau Neumann mit Gretl, Herrn Bachmann u. seine Frau u. luden sie zu uns zu einem Plauderstündchen ein. Anschließend daran mußten wir dann leider zu Küntzels zum Tee, wo es entsetzlich langweilig war. Paul erzählte, daß Herr Dr. Ziel im Auftrage von Frau Kroog bei ihm gewesen sei u. daß Paul einen Mietvertrag mit Frau K. abschließen werde für das Haus. Er glaubt, doch noch etwas von seiner Pension zu bekommen, denn auch Herr Ziel sei dieser Meinung, es würden wohl 50% der Pensionen bezahlt werden. Außerdem habe ihm sein Hauswirt in Dahlem mitteilen lassen, daß er die Wohnung nun anderweitig vermietet habe u. daß er bereit wäre, die in der Wohnung stehenden Möbel für 800 – 1000 Rm. zu kaufen. Somit wäre dann also die pekuniäre Schwierigkeit beseitigt, was ja sehr erfreulich ist, aber Grete klagt dennoch, als ob es ihr furchtbar schlecht ginge. –

     Abends gab es dann kein Licht, welches erst heute Morgen um 1/2 11 Uhr wiederkam. Heute Nachmittag werden wir nun nach Wustrow fahren zum Gottesdienst. Ich muß den Koffer mit den Paramenten u. Geräten mitnehmen u. nachher wollen wir mit dem Pater hierher zurück, damit er morgen früh nochmals bei uns Messe liest.

     Vom Kulturbund, Sektion für bildende Kunst, erhielt ich Nachricht auf meine Anfrage betr. Lebensmittel Karten.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-12-26. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-12-24_002.jpg&oldid=- (Version vom 3.11.2024)