An Pfarrer Bernh. Hielscher in Gifhorn (Hann.) geschrieben. Er war ein Kamerad von Fritz u. schrieb vor einigen Tagen hierher an ihn, um zu erfahren, wo er ist. – Auch an Mehlis geschrieben, den ehemaligen Stabsgefreiten von der Batterie, der immer noch in Berlin herumsitzt u. wohl den Anschluß schwer findet.
Beim alten Zeplin gewesen u. ihm ein Paket Tabak als Weihnachtsgeschenk gebracht. Der Alte war überglücklich. –
In der BuStu. ist Großbetrieb, ich gehe aber nicht hinein. – Es scheint, daß ich doch sehr mager geworden bin u. nicht gut aussehe, Martha stellte es heute beim Frühstuck fest u. die alte Frau Meier sah mich ebenfalls eben daraufhin an. Es ist eben doch sehr schwer, unter den heutigen Verhältnissen wieder zu Kräften zu kommen. Ich kann aber nicht sagen, daß ich mich krank fühle.
Der hl. Vater hat 32 neue Kardinäle ernannt, unter ihnen auch drei deutsche Bischöfe, nämlich den von Köln, ferner Clemens August Graf von Galen in Münster u. Konrad, Graf von Preysing in Berlin. Seit vielen Jahrhunderten ist nun das Kardinalskollegium so zusammengesetzt, daß die Italiener darin in der Minderheit sind. Die Folge davon wird sein, daß bei einer neuen Papstwahl auch ein Nicht=Italiener zum Papst gewählt werden kann.
Ich hatte erwartet, daß man uns wenigstens am hl. Abend etwas mehr Licht geben würde. Aber nein, – bis 9 Uhr blieb es dunkel wie immer.
Bis 4 Uhr
Weiter kam ich gestern nicht. – Bis 4 Uhr war Martha also im Geschäft, aber es war dann noch fortwährend Lauferei von den Leuten, die immer zu spät kommen. Wir tranken dann Bohnen-Kaffee u. Martha legte sich dann hin, um noch etwas zu schlafen, während ich beim Akku sitzen blieb. Auf dem Tisch stand eine kleine Vase mit einigen weißen Winterastern u. einigen kleinen Tannenzweigen, die in der matten Akku-Beleuchtung ganz entzückend aussahen. Ich holte einen Zeichenblock u. Kreide u. machte ein Skizze davon, die gleich die Natur so weit übertrug, daß ich glaube, danach ohne weiteres ein Bild malen zu können.
Um 9 Uhr ging das Licht an. Martha stand auf u. machte etwas zum Essen, was kein Problem war, den unsere gute Trude war inzwischen dagewesen u. hatte uns eine Schüssel Dade'schen Kartoffelsalat gebracht, der wirklich friedensmäßig mit viel Oel angemacht war, u. Gretl Neumann hatte uns den schon traditionellen Topf gebracht mit etwas Hühnerbraten in prachtvoller Soße, sodaß wir dies nur aufzuwärmen brauchten. Wir aßen also vorzüglich u. wurden satt. Denn entzündeten wir die fünf Kerzen an unserem Weihnachtsbäumchen u. Martha brachte sogar eine veritable Bescherung zustande, indem sie aus Beständen der BuStu eine Papierschere mir Falzmesser, die ich so notwendig brauche, ferner eine Taschenuhr noch gefunden hatte, eine von den billigen Uhren, die wir früher einmal für die Sommergäste verkauften, um die eigenen Uhren zu schonen, die am Strande versanden. Diese Uhren gehen aber vorzüglich. Nachdem drei Uhren von mir, die Borchers zur Reparatur gehabt hatte, von den Russen gestohlen worden waren u. alles, was ich nun noch an Uhren
Hans Brass: TBHB 1945-12-24. , 1945, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-12-24_001.jpg&oldid=- (Version vom 3.11.2024)