Zum Inhalt springen

Seite:HansBrassTagebuch 1945-10-31 001.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

aufgetaucht. Es war um die Zeit, als auch Partikel im Walde war. Die Russen-Abteilung bei Monheim behauptete aber, daß von ihnen keiner im Walde gewesen wäre, was also offenbar gelogen ist. Frau P. ist in Zingst gewesen, aber sie hat auch dort nichts erreicht. Die Russen in Zingst waren grade im Aufbruch. Sie sind abgelöst worden durch Artillerie, auch unsere Monheimer Russen sind nicht mehr da. – Frau P. hat auch die GPU in Ribnitz alarmiert u. heute Mittag war ein Auto von dort hier. Die Herren haben sich sehr wichtig getan, es soll nun morgen der Wald abgesucht werden; aber es wird auch dabei nicht viel herauskommen. Es ist mir immer klarer, daß Partikel einfach erschossen worden ist von Soldaten, die auf Jagd waren, – man wird ihn irgendwo verscharrt haben. – Die arme Frau tut mir sehr leid.

     Von Rudolf Mehliss bekamen wir eine Karte aus Berlin. Er ist erst von den Russen gefangen genommen worden u. weiß nun nicht, was er mit sich anfangen soll. Auch von einem anderen Soldaten des Batterie, Franz Scheigenpflug, einem Katholiken, bekamen wir einen Brief. Auch er ist am 3. Mai in russ. Gefangenschaft gekommen u. mußte in 3 Marschtagen 130 km. marschieren bis Demmin, wo er krank ankam. Am 21. Mai wurde er entlassen u. kam nach Greifswald ins Lazarett, am 21. Juni kam er nach Berlin, wo er am 27. Juni infolge der Anstrengungen einen leichten Schlaganfall erlitt. Sein Sohn, 17 Jahre alt, ist noch am 3. Mai in Spandau als Volksstürmer gefallen. Auch von Martha Bahnson kam ein Brief aus Hamburg über Magdeburg. Es geht allen verhältnismäßig gut. Ebenso schreibt Otto Wendt eine Karte.

     Herr Schröter, der den löblichen Versuch macht, einmal mein Nachfolger zu werden, machte mir heute einen Besuch.

Mittwoch, 31. Okt. 1945.     

     Heute wollen die Herren Dr. Lasch u. Dr. Meyer hierher kommen um die Bevölkerung gegen Typhus zu impfen. In Wustrow wurde das schon an dem Tage gemacht, als ich dort entlassen wurde, in Althagen fand die Impfung gestern statt.

     Ich hörte gestern noch, daß in dem Auto aus Ribnitz der dortige Kommandant persönlich gewesen sein soll. Er hat Frau Partikel aufgesucht u. angeordnet, daß heute der Wald nochmals abgesucht werden soll. Er hat seine Unzufriedenheit geäußert, daß er nicht zuerst benachrichtigt worden sei. Als man ihm antwortete, es sei uns immer gesagt worden, wir gehörten zu Zingst, behauptete er, das sei Unsinn, Zingst habe hier garnichts zu sagen. – So ist es ja von jeher gewesen, – jeder behauptet, hier allein etwas zu sagen zu haben u. jeder kommandiert, aber wenn es um Verantwortung geht, dann schiebt einer es auf den anderen.

Donnerstag, 1. Nov. 1945.     
Allerheiligen     

     Dr. Lasch u. Dr. Meyer waren gestern nachmittags zum Kaffee bei uns. Wenn Fremde da sind u. ich mich mit ihnen befassen muß, merke ich erst, wie sehr ich herunter bin. Es fiel mir außerordentlich schwer, mich auf die Herren einzustellen, obwohl ich mich auf diesen Besuch gefreut hatte. Herr Dr. Meyer fällt neben Herrn Dr. Lasch doch sehr ab, aber selbst mit Dr. Lasch fand ich nur sehr schwer Konkakt. Ich war von dem Besuch so angestrengt, daß ich abends beim Rosenkranz noch ermüdet war u. keine Betrachtung halten konnte.

     Gestern wurde nochmals das Ahrenshooper Wäldchen nach Partikel abgesucht. Die neue Russen-Abteilung bei Monheim machte keine Schwierigkeiten. Es haben etwa 45 Menschen, Männer u. Frauen, den Wald durchsucht, aber keine Spur

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-10-30. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-10-31_001.jpg&oldid=- (Version vom 24.8.2024)