immer näher kommt. Gestern Abend wurden Richtlinien für die 12 Millionen ausländischer Arbeiter ausgegeben. Es wurde da von den organisierten Zellen unter diesen Arbeitern gesprochen u. daß die nichtorganisierten Arbeiter sich dort ihre Weisungen holen sollten. Es wurden von den aus Flugzeugen abgeworfenen Sprengmitteln u. Waffen gesprochen u. von ihrer sachgemäßen Verwendung u. es wurden die deutschen Arbeiter aufgefordert, sich diesen geheimen Organisationen anzuschließen. Es wird nun also bald los gehen wie in Dänemark u. dann wird ja wohl auch Herrn „General“ Lorenz eine Kugel erreichen.
An den Fronten ist nichts Entscheidendes geschehen. Die Luftlandung bei Arnheim hat sich weiter gefestigt, östlich Nymwegen haben die Amerikaner (oder Engländer?) die Reichsgrenze überschritten in Richtung Cleve, aber unser Widerstand ist an allen Punkten sehr stark. Die Russen haben nun fast ganz Estland besetzt u. gehen auf Riga los. In Italien ist Bologna bedroht. –
Das Wetter ist sehr schlecht geworden, kalt, regnerisch u. stürmisch. Ich habe gestern Abend zum ersten Male das große Haus geheizt. – Heute wollte der Klempnermeister Schüler aus Ribnitz kommen, um unsere Pumpe in Ordnung zu bringen. Wir werden sehen. –
Vormittags für Grete Gesuch geschrieben zur Rückkehr Pauls. Abschrift seines letzten Zeugnisses bei der TN. beigefügt, von Bürgermeister beglaubigt. Gesuch von Deutschmann befürwortet. Hoffentlich klappt es. Es hat nun schon die siebente Woche begonnen, seitdem er fort ist. Bei dem naßkalten Wetter muß man für seine Gesundheit fürchten.
Gestern Nachmittag mußte ich wieder einmal an der Kasse sitzen, Carmen Grantz ist immer noch krank. Frl. Hindemith, Nachrichtenhelferin bei der Batterie, brachte uns rührenderweise Pilze, die sie gesammelt hatte u. die wir heute aßen.
Gestern u. heute Versuch zum Entwurf eines Stillebens. Ich wählte die kleine Madonnenfigur, die auf unserem Altar steht, zusammen mit Blumen aus dem Garten, – aber das Ganze ist sentimental. –
Immer noch stürmisch, regnerisch u. kalt, habe heute wieder geheizt.
Gestern Abend Frau Dr. Müller-Bardey. Sie hilft bei den Bauern Kartoffeln kratzen, sah schlecht aus, behauptete aber, es bekäme ihr gut.
Nachmittags gestern in der Bunten Stube der Maler v. Kardorf, der furchtbar elend aussah u. sehr alt geworden ist.
Ich fürchte, daß die Luftlandetruppen bei Arnheim sich ergeben haben, – heute hieß es, daß von dort keine Nachrichten vorlägen.
Heute wieder Brief von Fritz, Datum 21. 9. Er ist immer noch in der Gegend von Belfort u. muß oft als Kompanie-Sani vorn in der Stellung sein, wo es nach wie vor scharf hergeht. Sein Bataillon ist aufgerieben, die Reste sind einem anderen Bataillon zugeteilt, er fährt aber den San-Gerätewagen weiter. Der Hauptverbandplatz liegt hinter der Feuerlinie, Feldpost haben sie
Hans Brass: TBHB 1944-09-26. , 1944, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-09-27_001.jpg&oldid=- (Version vom 6.8.2024)