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Seite:HansBrassTagebuch 1944-08-07 001.jpg

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zu wollen während in der Stadt selbst Kämpfe zwischen Polen u. Deutschen stattfinden. An den übrigen Teilen der Ostfront sind keine wesentlichen Veränderungen zu bemerken. – In Italien wird um Florenz gekämpft. Heute wieder Fliegeralarm, starke Einflüge, aber nicht über uns. Hamburg soll wieder angegriffen sein, auch Berlin. –

     An Fritz geschrieben. Nachmittags auf der Terrasse Besuch von Küntzels, abends im Seezimmer langer Schwatz mit Frl. Sinn.

Montag, 7. Aug. 1944.     

     Das Dorf ist in Aufregung. Es geht das Gerücht, die ganze weibliche Bevölkerung bis zum 55. Lebensjahre würde nach Ostpreußen gebracht werden, um dort zu schanzen. Diese Maßnahme soll für ganz Pommern u. Schlesien gelten. Woher das Gerücht kommt, konnte ich nicht feststellen, denn die pommerschen Zeitungen, in denen diese Verfügung stehen soll, sind heute nicht eingetroffen. Es soll ein Haus beschlagnahmt sein, das Haus v. Steinäcker, in dem alle Kinder untergebracht werden sollen. –

     Abends kam kurz Frau Pastor Müller, die erzählte, daß ihr Mann von Neubrandenburg nach Stettin gekommen sei. Der sechzigjährige, kränkliche Mann hat den Dienst natürlich nicht aushalten können u. wurde deshalb av. geschrieben, während er bisher Kv. war. Der Erfolg ist, daß er nun Latrinen, reinigen muß. Es ist das Ganze ein toller Fall von Gemeinheit. Der Mann war politisch unzuverlässig u. man hat ihm deshalb von der Partei seine Pastorstelle in Anklam gekündigt. Dagegen hat er Einspruch erhoben. Um ihn los zu werden, hat man ihn Soldat werden lassen, weil man wußte, daß er im Recht war u. man ihm nicht kündigen konnte. –

     An der Ostfront ist unser verstärkter Widerstand fühlbar u. die Russen sind in den letzten Tagen zum Stehen gekommen. Dagegen setzten die Amerikaner ihren Vormarsch auf Paris ungehemmt fort.

     Täglich starke Fliegerangriffe auf unsere synthetische Treibstoffproduktion u. Flugzeugwerke. Auch Berlin soll wiederum stark betroffen sein. Frau Eitner, die heute aus Bln. hier eintreffen wollte, ist nicht angekommen.

     Es bestätigt sich, daß auch der Polizeipräsident von Bln., Graf Helldorf, der einst ein übel berüchtigter Nazi war, in die Attentats-Affäre verwickelt ist. Er ist abgesetzt u. durch den bisherigen Polizeichef in Dänemark ersetzt worden. Dieser hat sich durch seine Brutalität in Dänemark einen Namen gemacht. Auch ein weiterer General, der bisher ein Armeekorps in der Normandie befehligte, ist abgesetzt. – Gestern wurde mir von einer höheren Befehlsstelle in der Heimat erzählt, daß sämtliche Offiziere vom Kommandeur bis zum jüngsten Leutnant bedauert hätten, daß das Attentat auf den Führer mißglückt sei. Es scheint doch so, daß dieses Attentat sehr dazu beigetragen hat, die Fronten zu klären.

Mittwoch, 9. August 1944.     

     Gestern wurden Generalfeldmarschall v. Witzleben u. sieben andere Offiziere durch den Strang hingerichtet.

     Abends war Frau Wolsdorf bei uns, eine ziemlich unbedeutende Frau, die uns langweilte, doch ist sie wenigstens gutartig. Sie erzählte von ihrem 20jährigen Sohn, der an der Ostfront

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Hans Brass: TBHB 1944-08-06. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-08-07_001.jpg&oldid=- (Version vom 29.7.2024)