soll Generalfeldmarschall Rommel bei einem Fliegerangriff schwer verwundet worden sein, man sagt: tödlich. Damit würde indessen sicher kein sehr großes Genie ausfallen, aber ein blinder Anhänger des Führers.
Verfügungen betr. totale Mobilmachung hat Herr Goebbels bis heute noch nicht erlassen, obgleich er nun schon seit 10 Tagen mit dieser Aufgabe betraut ist. Es wird ihm wohl schwerfallen, etwas Neues zu erfinden. Nur der Herr Saukel hat sich vernehmen lassen, daß bis zum 15. August alle diejenigen sich freiwillig zum Arbeitseinsatz melden sollen, die bisher nur zum Schein irgendwo gearbeitet haben. Wer sich bis 15. Aug. nicht meldet, soll bestraft werden. Es wird aber nicht gesagt, woran man erkennen kann, ob jemand nur zum Schein im Arbeitseinsatz ist. In erster Linie sollten davon Leute betroffen werden wie Lorenz u. Alvensleben, die als Generale der Polizei in Stellungen sind, von denen sie nicht die Spur verstehen.
Heute wurde mir eine hübsche Geschichte erzählt. Es ist in diesen Tagen vorgekommen, daß bei einer sehr großen Wirtschaftsstelle in Berlin angerufen worden ist, es möge sofort ein Beamter mit einer Rolle Bindfaden nach Wannsee kommen, u. zwar mit dem Auto, denn die Frau des Herrn Wirtschaftsministers sei beim Einkochen von Himmbeeren u. es fehle ihr Bindfaden, um die Gläser zuzubinden. Es mag sein, daß diese Geschichte erfunden ist; aber sie beweist dann doch, was das Volk denkt.
Die Amerikaner haben Granville genommen u. sind weiter im Vormarsch. Es scheint, als sei unsere Front dort ernsthaft im Wanken.
Die Russen haben den Stadtrand von Warschau erreicht, Mitau haben sie erobert. Damit ist die Hauptrückzugsstraße für alle in Lettland u. Estland stehenden Truppen endgültig verriegelt. – Mitau, – Erinnerung an den 1. Weltkrieg. Welch reizendes Städtchen mit einem erstklassigen Hotel von alter, schöner Kultur. Diese ganze Gegend dort mit sanften Hügeln, Wäldern u. Sumpfniederungen ist leicht zu verteidigen, – der rasche Vormarsch der Russen läßt sich m. E. nur mit Sabotage des Generalfeldmarschalls Lindemann erklären. –
Morgen tritt in Ankara die Nationalversammlung zusammen u. wird wahrscheinlich beschließen, die diplom. Beziehungen zu Deutschland abzubrechen. Welche Wirkung dieser Schritt auf Bulgarien, Rumänien u. Ungarn haben wird, wird sich bald zeigen. Wir werden natürlich wieder einmal gänzlich davon überrascht, denn unsere Propaganda hat immer erzählt, wie freundlich die Türken uns gesinnt seien. Aber was macht das schon, – das Volk ist stumpf u. schaut nicht einmal auf. Man achtet ja nicht einmal mehr auf die Lage an der Invasionsfront, an der die Angloamerikaner nach den Worten des Führers doch innerhalb von neun Stunden restlos vernichtet sein sollten. Jetzt stehen die Amerikaner bereits an der Grenze der Bretagne. –
Die im Garten blühenden Malven haben mich gereizt. Ich habe eine Skizze gemacht, die jedoch nichts erreichte. Heute habe ich es von Neuem versucht, es scheint besser zu werden.
Die Türken haben also die diplomat. u. wirtschaftl. Beziehungen zum Deutschen Reich abgebrochen. Die schon vorher sehr eingeschränkte Lieferung vom Chromerz hört nun also ganz auf. Ferner wird die Türkei den Alliierten Stützpunkte
Hans Brass: TBHB 1944-07-30. , 1944, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-08-01_001.jpg&oldid=- (Version vom 28.7.2024)