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Seite:HansBrassTagebuch 1944-07-06 001.jpg

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Donnerstag, 6. Juli 44.     

     Vorgestern haben die Russen Minsk erobert u. stehen jetzt nicht mehr weit vor Wilna. Weiter südlich nahmen sie Baranowicze. Offenbar konzentrieren wir alle Kräfte im Westen, um die Angloamerikaner zu schlagen, die in der Tat auch nicht recht weiter kommen, aber deshalb nicht geschlagen werden. Man gibt im Osten Boden preis, um die Entscheidung im Westen zu suchen, aber es ist bisher nur ein Abwehrerfolg dabei herausgekommen. Mehr wird uns wohl auch kaum möglich sein, denn nun, wo die Amerikaner Cherbourg u. die Cotentinhalbinsel besitzen, werden sie ungestört gewaltige Kräfte herüberschaffen. Inzwischen aber wird die Lage im Osten immer bedrohlicher. In Italien kommen die Angloamerikaner jetzt auch nur langsam vorwärts.

     Churchill hat im Unterhause über unsere Vergeltungswaffe ein wenig gesagt, aber nichts von Belang. Die Sache scheint den Engländern doch arg auf die Nerven zu gehen, was begreiflich ist.

     Gestern habe ich das Engelbild fertig gebracht, es ist sehr schön geworden. Ich zeigte es Dr. Sinn, der zwar kein Sachverständiger ist, dem das Bild aber doch ausnehmend gefiel. Paul, der es heute Morgen sah, hat garkein Verständnis.

     Heute habe ich den ganzen Tag für die Bu-Stu. arbeiten müssen, da durch meine Malerei allerhand in Rückstand geraten war.

Sonntag, 9. Juli 1944.     

     Heute morgen sehr schöne Andacht: Anneliese Meyer, Carmen Grantz, Trude u. Martel. Vorher frühstückten wir auf der Terasse wie schon seit einigen Tagen, da wir jetzt seit einer Woche richtige Hundstagshitze haben. Martel, das Mädchen, gratulierte mir sehr nett, indem sie mir wünschte, daß ich auch weiterhin schönen Erfolg in der Malerei haben möge. Es hat mich recht berührt, daß dieses fremde Mädchen doch so viel begriffen hat, daß die Malerei für mich ein Geschenk des Himmels ist. Es ist wie beim 100-jährigen Abraham, der noch einen Sohn bekam. – Trude brachte schöne Blumen u. hatte von ihren kärglichen Lebensmittel-Rationen für mich einen Kuchen gebacken. Auch Carmen Grantz brachte Blumen, Feuerlilien mit dunkelblauer Akelei, die in der goßen italien. Vase links vom Altar am Boden standen.

     Beim Mittagessen im Kurhaus wieder mit Dr. Sinn u. Herrn + Frau Syamken. Zum Kaffee kamen Paul + Grete. Paul war schon früh um 10 Uhr zum gratulieren gekommen. Nach der Andacht kam Agnes Borchers-Papenhagen u. brachte einen Napf mit gutem Kartoffelsalat für den Abend. Nachmittags schickten Neumanns vom Kurhaus eine große Schüssel mit Erdbeeren, die Martha u. ich am Abend aßen u. dazu eine Flasche Champagner tranken. Wir lasen das schöne Buch von dem Isländer: „Der Islandreiter“ von Pfleghaar? fast fertig. Ein sehr schönes Buch! – So war es ein schöner, ruhiger, stiller Tag, an dem ich den Weg in mein 60. Lebensjahr begann. Möge Gott mir geben, daß dieses Jahr weiter so verläuft. –

     Die Engländer haben nun endlich Caen eingenommen, um das sie schwer gerungen haben. Die Russen haben Wilna u. Baranowicze genommen, sie stehen nun dicht vor der Ostpr. Grenze. Im Pazific enthüllt sich aus den

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Hans Brass: TBHB 1944-07-06. , 1944, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-07-06_001.jpg&oldid=- (Version vom 25.7.2024)