u. daß Gräff u. Meyer zum Militärdienst eingezogen seien. Gräff hofft, durch Vermittlung des Landrats als Bürgermeister frei zu kommen. –
Frau Eitner fährt morgen wieder nach Bln. zurück. Sie muß am 1. Mai pro forma ihren Laden dort aufmachen, weil sie sonst keine Entschädigung bekommt; nach dem 1. Mai wird sie wieder herkommen.
Paul hat sich seit einigen Tagen der Organisation des Lagers angenommen. Es macht ihm anscheinend Spaß u. er arbeitet sehr gut, was er macht, hat wenigstens Zweck. Er ist überhaupt ein netter u. angenehmer Kerl, der gern lacht, während Grete meist mit toternstem Gesicht herumläuft, keinen Humor hat u. ausschließlich an sich selbst oder an ihr erweitertes Ich, an ihre Kinder, denkt u. deshalb der Meinung ist, daß sie selbstlos wäre u. sich nur für ihre Kinder aufopfere. Was nicht sie selbst oder die Kinder angeht, interessiert sie nicht.
Der Garten macht mir täglich Freude. Besonders die Terrasse u. der Steingarten vorm großen Hause sind jetzt endlich schön im Schwung. Die Büsche vor dem kleinen Hause werden nun auch besser werden, nachdem ich die Grasnarbe dort radikal entferne. Es ist zwar eine schwere Arbeit, von der ich ganz erschöpft bin, aber ich hoffe, daß ich dort auch endlich zu einem Resultat kommen werde, besonders, wenn ich im Herbst einige Umpflanzungen der Büsche vorgenommen haben werde, die der stumpfsinnige Gärtner damals alle in Reih und Glied gepflanzt hat, was ganz dumm aussieht. Ich werde sie nun im Herbst einmal ordentlich durcheinander bringen.
Es ist wiederum nichts geschehen. Dieses Warten ist überaus aufreibend. Fliegerangriffe auf Nordfrankreich u. Belgien haben stattgefunden, aber nur schwach.
Nachmittags verhandelt mit Frau Dr. Quer, sie will im Geschäft helfen an der Kasse, um sich so einen Grund zu schaffen, länger hier bleiben zu können, da Sommergäste nur 14 Tage am Ort bleiben dürfen. Wenn sie als unsere Angestellte gilt, wird sie davon nicht betroffen.
Draußen Sonnenschein, aber stürmisch u. kalt, sodaß ich nachmittags wieder geheizt habe. Unter den Büschen Grasnarbe umgegraben, seit Tagen eine überaus anstrengende Arbeit mit der ich am Montag fertig zu werden hoffe.
Frau Eitner heute morgen abgereist.
Rolf Saatmann soll schwer verwundet sein.
Frau v. Gutemberg besuchte uns. Sie ist für einige Tage aus Rostock hier, um sich auszuschlafen. Sieht elend aus. Ihr Haus steht zwar noch, aber sie erzählte grausame Dinge, der Angriff am 11. April soll der schwerste gewesen sein, den Rostock bis dahin gehabt hat. Unsere Kirche ist total zerstört. Sie sagt, es habe gerade eine Taufe dort stattgefunden, die Sprengbombe soll bis in den Keller durchgeschlagen sein, wo alle getötet wurden mit Ausnahme des Täuflings, ein drei Tage altes Kind.
Auch heute geschah nichts, jedoch wieder verstärkte Luftangriffe außer auf Nordfrankreich u. Belgien auch wieder auf Braunschweig, Osnabrück, Düsseldorf u. besonders Ham, wo 1000 Bomber die Eisenbahnanlagen ziemlich restlos zermalmt haben dürften, ähnlich wie vor einigen Tagen eine Anlage bei Paris.
Hans Brass: TBHB 1944-04-21. , 1944, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-04-22_001.jpg&oldid=- (Version vom 17.7.2024)