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Seite:HansBrassTagebuch 1943-08-23 001.jpg

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Montag, 23 Aug. 1943.     

     An Margrets Vater, Dr. Bohner, Brief entworfen mit ausführlicher Darstellung der Geschehnisse.

Mittwoch, 25 Aug. 1943.     

     Brf. an Dr. Bohner mit Schreibmaschine mit drei Durchschlägen geschrieben, drei eng geschriebene Seiten. Der Brf. geht heute eingeschrieben ab. –

     Gestern, bzw. vorgestern Nacht (Montag – Dienstag) Fliegerangriff auf Berlin. Die Flugzeuge flogen über uns weg mit dem üblichen Lärm, doch bin ich selbst nicht erwacht, da unsere Batterie vorher Nachtschießen veranstaltete u. man davon nicht schlafen konnte. Der Angriff auf Bln. scheint ziemlich schwer gewesen zu sein, doch habe ich Näheres noch nicht gehört.

     Die Russen haben Charkow genommen. Bei uns heißt es plötzlich, daß Charkow ganz unwichtig wäre. Warum haben wir es dann im Frühjahr, als wir diese Stadt schon einmal verloren hatten, mit so großen Machtmitteln zurückerobert? –

     An der Mius-Front scheint es ebenfalls nicht sehr gut zu stehen.

Donnerstag, 26. Aug. 1943.     

     Gestern Nachmittag erhielten wir die Anzeige des Geburt eines kleinen Mädchens Susanne des Ehepaares Arnold u. Barbara Klünder in Althagen. Barbara ist die Tochter von Koch-Gotha, der eine sehr reizende Anzeige gezeichnet hat. Heute habe ich in Gedichtform gratuliert.

     Ferner wurde gestern bekannt, daß Heinr. Himmler zum Innenminister ernannt worden ist. Der bisherige Innenminister Dr. Frick ist Reichsprotektor in Böhmen geworden an Stelle von Neurath, der nun endlich von diesem Amte entbunden worden ist, nachdem er es schon längst nicht mehr führte. – Die Ernennung Himmlers zum Innenminister wirkt überall niederschmetternd. Dieser Mann ist wohl der Meistgehaßteste unter allen Bonzen, selbst die Nazis u. sogar die SS, deren Chef er ist, hassen ihn. Diese Ernennung ist ein Symptom für den Ernst der Lage, man fürchtet Revolten, zu deren Niederschlagung man einen brutalen, rücksichtslosen Menschen braucht, besonders am Vorabend der zu erwartenden Angriffe auf Berlin. Der erste größere Angriff ist ja schon gewesen u. es scheint hauptsächlich Lichterfelde, Steglitz u. Schöneberg betroffen zu haben, also dieselben Stadtteile wie schon im März. Obgleich dieser Angriff schwerer gewesen zu sein scheint, hört man nicht viel davon, denn nach der furchtbaren Katastrophe von Hamburg erscheint das alles nicht mehr so schlimm.

     Gestern Abend spät kam noch Frau Margot Seeberg, Erich's Frau, um ihre u. ihres Mannes Empörung über Margrets Betragen auszusprechen. – Fritz ist heute früh 515 Uhr wieder abgefahren. Er war sehr niedergedrückt, der arme Kerl, nachdem er gestern noch einen höchst frechen Brief von Margret erhalten hat, den sie unterwegs in Rostock geschrieben hatte. Es scheint doch unmöglich, daß diese Sache sich wieder einrenken ließe.

Sonnabend, 28. Aug. 1943.     

     Gestern Abend war Prof. Erich Seeberg mit seiner Frau bei uns. Wir tranken einen Nahewein. Seebergs waren sehr bemüht, uns ihre Sympathie zum Ausdruck zu bringen u. ihre Empörung über Margrets Betragen. Wir besprachen eingehend die Maßnahmen, die von uns ergriffen werden könnten. Ich sagte, daß ich an Dr. Bohner einen aufführlichen Brief gerichtet hätte mit einer genauen Schilderung der Vorgänge u. daß ich diesen Brief verfaßt hätte in der Absicht, für den äußersten Fall eine brauchbare Unterlage für den Rechtsanwalt zu haben. Seeberg fand das gut. Wir besprachen, was sonst noch geschehen könne u. Seeberg meinte, ich solle garnichts tun, um Margret u. ihre Mutter im Ungewissen zu lassen. Margret würde dadurch

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Hans Brass: TBHB 1943-08-23. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-08-23_001.jpg&oldid=- (Version vom 5.7.2024)