Osten nach Süden u. Westen abstoppen werde (was übrigens seit einigen Jahrhunderten bereits geschehen war) u. daß er den Blick nach dem Lande im Osten wenden wolle. Er nennt das: „Bodenpolitik der Zukunft,“ u. bemerkt dabei garnicht, wie er durch diese Schwatzhaftigkeit seine Karten aufgedeckt hat, ehe das Spiel überhaupt begonnen hatte. Er sagt schlicht u. einfach: „Wenn wir aber heute in Europa von neuem Grund u. Boden reden, können wir in erster Linie nur an Rußland u. die ihm untertanen Randstaaten denken.“
Heute wundert sich Herr Hitler, daß die Russen das anscheinend auch gelesen haben – u. sich darauf eingerichtet haben!
Herr H. verrät nun auch seine Ansicht, warum wir das mächtige Rußland besiegen würden. Er meint, der Bolschewismus habe die Russen ihrer Intelligenz beraubt u. grade diese sei germanischer Herkunft gewesen. Jetzt sei bloß noch minderwertiges Slaventum vorhanden u. damit sei das russische Reich so wie so reif zum Zusammenbruch. Natürlich sind auch die Juden an diesem angeblichen Zusammenbruch des minderwertigen Slaventums schuld, das ist selbstverständlich. – Es scheint, als ob uns gegenwärtig das Slaventum seine „Minderwertigkeit“, klar u. deutlich vor Augen führte!
Herr H. entwickelt dann seinen schönen Plan, sich mit England gegen Rußland zu verbünden, da er offenbar dem deutschen Volke doch nicht allein einen Sieg über das minderwertige u. schon zusammengebrochene Slaventum zutraut. Er tut dabei so, als käme es beim Abschluß eines Bündnisses mit England nur auf uns an u. er schiebt Bedenken dagegen ganz naiv beiseite, indem er meint, daß den Nazis ein solches Bündnis selbstverständlich gelingen würde. – Nun, es ist Herrn H. eben nicht gelungen. Herr H. hat sich offenbar niemals überlegt, welches die Ursachen der Rivalität zwischen England u. Deutschland sind. Diese Ursachen wollte – u. konnte er garnicht beseitigen, aber er bildete sich ein, England würde auf alles verzichten, wenn er diesem Lande seine treudeutsche, biedere Hand erst einmal reichen würde. Er hat sich hier ebenso getäuscht, wie er sich in der Einschätzung Rußlands getäuscht hat, – u. auf Grund dieser Irrtümer hat er uns in diesen elenden Krieg geführt, aus dem wir niemals als Weltmacht hervorgehen werden. Also wird Deutschland „nicht sein“, wie Herr H. gesagt hat. – Und das merken die Herren nun allmählich u. deshalb fangen sie an, von einem totalen Krieg zu reden u. dem Volk den Teufel an die Wand zu malen für den Fall der Niederlage.
Noch an einer anderen Stelle seines Buches führt Herr H. solche Gedanken spazieren. Er meint, daß, wenn man Grund u. Boden haben will, dies nur auf Kosten Rußlands geschehen könne, aber, fügt er hinzu, daß man dazu England als Bundesgenossen haben müsse. Dazu dürfe kein Opfer zu groß sein, man müsse auf Kolonien u. auf Seegeltung verzichten u. man dürfe den britischen Industrie keine Konkurrenz machen u. auf jeden Welthandel verzichten. Nun gut, – aber die Nazis haben seit ihrer Machtergreifung
Hans Brass: TBHB 1943-01-17. , 1943, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-01-16_002.jpg&oldid=- (Version vom 1.5.2024)