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Seite:HansBrassTagebuch 1936-02-03 008.jpg

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Maler von Beruf ist. Ein solcher muß aus seiner Tätigkeit notwendig einen Gelderwerb machen u. darum Dinge malen, die den Leuten gefallen, u. leider läßt sich nicht leugnen, daß viele Maler das Evangelium bewußt verfälschen, um den Leuten zu gefallen. Ein solcher Maler sollte sich bewußt sein, daß sein Werk eine große Verantwortung trägt, denn wenn sein Werk unwahr ist, so trägt es diese Unwahrheit hinaus ins Volk. Die gewinnbringende Gefallsucht vieler Künstler hat es tatsächlich schon so weit gebracht, daß man „die gesunde Lehre nicht erträgt, sondern nach eigenen Gelüsten sich Lehrer über Lehrer nimmt, (in diesem Falle Künstler), lüstern nach dem, was den Ohren (Augen) angenehm ist. Von der Wahrheit wird man das Ohr (Auge) wegwenden, Fabeln aber wendet man sich zu.“ (II Tim. 3,3) In diesem selben Briefe beschwört der hl. Paulus seinen Schüler Timotheus, er solle sich nicht des Zeugnisses über unsern Herrn schämen (1,8). –

     Und so will auch ich mich nicht dieses Zeugnisses schämen, um den Leuten zu gefallen, sondern ich will bekennen, daß mein Heiland sich nicht schämte, Knechtsgestalt anzunehmen u. im Stalle von Betlehem geboren zu werden. Er hatte nichts, wo er sein Haupt hinlegen konnte. Während der ganzen Zeit seines Aufenthaltes in Jerusalem hat er mit seinen Jüngern Nacht für Nacht auf dem Ölberge irgendwo hinter Büschen geschlafen, Lk. 21,37 u. diesen Schlupfwinkel hat er gewohnheitsmäßig auch nach dem letzten Abendmahl wieder aufgesucht. Dort wurde er dann von den Polizisten mit Fackeln u. Knütteln aufgestöbert, wie man Gesindel unter Brückenbögen aufstöbert. Wer da glaubt dieses Bild des Heilands in eine Salonfigur umfälschen zu müssen, „lüstern nach dem, was den Augen angenehm ist“, der hat das mit sich selbst abzumachen. Ich kann das nicht.

     So weit ist mein Brief an Herrn F. negative Kritik am Fügelschen Bilde. Ich fahre dann fort:

     Um dieses (Kritisieren) nun nicht bloß im negativen Sinne zu tun, sondern um einen positiven Vorschlag zu machen, sende ich Ihnen anbei eine kleine Skizze, die ich damals machte, als Sie zum ersten Male an mich herantraten. Ich bitte Sie, diese Skizze nur als allgemeine Fixierung einer Idee aufzufassen, keinesfalls ist sie im Detail zeichnerisch richtig oder endgültig. Aber sie zeigt die allgemeine Gesinnung, von der ich ausgehen muß u. von der allein ich nur ausgehen kann!

     Es sind hier dreizehn Menschen um einen Tisch gruppiert, auf harten Holzschemeln sitzend, deren ruhige Aufmerksamkeit auf den Einen gerichtet ist. Dieser Eine, sonst ein Mensch wie seine Genossen, für Fremde nicht weiter auffällig, scheint in diesem Augenblick von innen durchleuchtet zu sein vom göttlichen Geiste, der geheimnisvoll in ihm ist, sodaß ein Schein davon sein Haupt umleuchtet. Die Tischgesellschaft ist aber keineswegs eine zufällige gesellige Zusammenkunft von Menschen, sondern es handelt sich um ein einmaliges Geschehnis in der Geschichte dieser Welt. Deshalb ist das Haupt eines jeden umgeben von einem Heiligenschein, durch den sofort offenbar wird, daß es sich um etwas besonderes handelt. Alle haben denselben Heiligenschein,

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Hans Brass: TBHB 1936-02-03. , 1936, Seite 008. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1936-02-03_008.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2024)