Nun ist er Bruder Alberich. Nach fünf Monaten setzt er auf seinen Wunsch das Noviziat fort in Cheikle bei Akbes in Syrien. Er wollte in noch größerer Armut u. Abgeschiedenheit leben u. dem Hl. Lande näher sein. Am 2. Februar 1892 macht er Profeß u. 1896, – dem Jahre, als ich in das Kadettencorps eintrat, – legt er die feierlichen Gelübde ab.
Er war das Muster eines Ordensmannes. Seine Demut hielt ihn vom Priestertum ab. Er arbeitet Feldarbeit. An seinen Seelenführer Huvelin schreibt er: „Wenn man mir von Studieren spricht, werde ich darlegen, daß ich bis zum Hals im Getreide u. im Holz stecken bleiben will, u. daß mir alles auf's äußerste widerstrebt, was mich der Niedrigkeit entreißen könnte, die ich aufsuchte u. in die ich mich immer tiefer hineinstürzen will in der Gefolgschaft des Herrn, u. schließlich werde ich gehorchen ...“
Sein Ideal war also: Selbstentäußerung bis zur letzten möglichen Grenze, in den Augen der Welt nichts mehr sein u. scheinen, alles von sich schleudern, was an die Erde kettet, um sich frei aufschwingen zu können in gottähnliches Leben.
Ist dies nicht genau mein Ideal? – Und wie wenig tue ich noch, es zu verwirklichen, – wie weit bin ich davon entfernt!
Bruder Alberich bleibt aber nicht im syrischen Kloster. Im September 1896 wird er nach der Trappistenabtei Staoueli bei Algier geschickt u. wenige Wochen später vom Generalabt des Ordens nach Rom berufen, um die theologischen Kurse des römischen Kollegs zu hören. Hier reift der Entschluß, den Trappistenorden zu verlassen, weil – – er ihm nicht streng genug ist.
Seine Absicht ist, selbst eine kleine Ordensgenossenschaft zu gründen. Als Regel dieser Genossenschaft soll gelten, so genau als nur irgend möglich das Leben des Heilands zu führen. Die Mitglieder sollen nur von ihrer Hände Arbeit leben, ohne Geschenke anzunehmen, auch nicht freiwillig angebotene. Alle Räte Christi sollen buchstäblich befolgt werden, vor allem absolute Besitzlosigkeit. Jedem, der fordert, soll gegeben werden, aber selbst soll man sich alles versagen. All dieses soll verbunden werden mit unaufhörlichem Gebet. Es sollen ganz kleine Gruppen gebildet werden, die besonders in ungläubigen, u. verlassenen Ländern leben sollen, um dort, „die Liebe u. die Diener unseres Herrn Jesus zu vermehren.“ –
Charles de F. ist bis an sein Lebensende das einzige Mitglied dieses Ordens geblieben. Sein Seelenführer Huvelin riet ihm, sich irgendwohin als Einsiedler zurückzuziehen. Der Generalabt der Trappisten legt den ungewöhnlichen Fall Papst Leo XIII vor u. Charles de F. wird von seinem Gelübde entbunden mit der Bedingung, daß er noch weitere drei Jahre sein Vorhaben bedenken solle.
Diese drei Jahre verbringt Charles de F. als Klosterknecht bei den Klarissen zu Nazareth. Er ist Küster, Gärtner, Hausbote für ein Stück Brot u. Früchte. Die Klarissen wissen garnicht, wer er ist. Er wohnt in einer stallähnlichen Holzhütte neben dem Kloster, schläft auf einem Brett, arbeitet u. betet. Die Schwestern berichten schließlich über ihn nach Jerusalem. Die Oberin wünscht ihn kennen zu lernen. Er wandert dorthin, ist auch dort Klosterknecht. Die Oberin dringt in ihn, er soll Priester werden.
Da faßt er den Plan, den „Berg der acht Seligkeiten“ zu kaufen u. darauf ein Heiligtum mit dem hl. Sakrament zu erbauen u. sich dort niederzulassen. Er will vorbeiwandernde Pilger u. Beduinen aufnehmen u. als Priester „stillschweigend das Evangelium predigen“. –
Mit diesem Plane reist er in die Heimat, um nun wirklich Priester zu werden. Auf Rat seines Seelenführers Huvelin geht er in die Abtei Notre Dame des Neiges, um das Studium zu vollenden. Am 5. Juni 1901 empfängt er in der Kapelle
Hans Brass: TBHB 1935-11-05. , 1935, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1935-11-05_003.jpg&oldid=- (Version vom 6.10.2024)