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Seite:HansBrassTagebuch 1935-09-17 002.jpg

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weniger erfolgreich gewesen war, – für einen plötzlichen Besuch bei seiner Mutter an. Er wollte am Freitag kommen. Da mir das laute, aufdringliche u. unbescheidene Wesen dieses jungen Mannes einfach unerträglich ist, zog ich es vor, am Freitag Nachmittag die Flucht nach Prerow zu meinem Kollegen Theodor Schulze=Jasmer zu ergreifen, der dort ein hübsches, altes Fischerhaus besitzt u. ein vorzüglicher Graphiker ist. Er wohnt in Prerow mit seiner Frau. Er selbst hat am Strande einen sehr hübschen Laden, in dem er seine Bilder u. fremdes Kunstgewerbe verkauft, seine Frau betreibt derweil im Hause mit viel Geschick eine Pension.

     Ich ließ mich von Fritz hinfahren, Maria begleitete mich. Dieser plötzliche Abbruch meines Aufenthaltes war zwar etwas wehmütig, aber ich verband damit die Ausführung einer Absicht, die ich schon im vorigen Jahre gehabt hatte, aber nicht durchgeführt hatte, – ich wollte mir nämlich von Sch.-J. die Technik des Holzschneidens zeigen lassen. Ich habe oft bedauert, daß ich nicht Holzschnitte machen kann, besonders jetzt in meiner engen Klause, in der ich doch kaum malen kann.

     Das Ehepaar Sch.-J. ist ausnehmend nett. Mein Kollege ist kein bedeutender, aber ein guter Maler, aber wesentlich ist, daß er wie seine Frau Menschen sind ohne jeden Falsch, ohne jeden Hinterhalt. Es sind einfach unkomplizierte, grade Menschen die garnicht anders als freundlich sein können. So wurde ich herzlich aufgenommen u. gleich am nächsten Morgen ging Sch.-J. daran, mich in die Geheimnisse der Holzschnitt-Technik einzuweihen. Ich habe den ganzen Sonnabend fleißig gearbeitet, sodaß ich nun alles weiß, was dazu notwendig ist. Nun ist es an mir, das nötige Handwerkszeug zu besorgen u. mich zu üben, bis ich die Geschicklichkeit der Hand erlangt habe, die eben nur durch Übung erreichbar ist. –

     Am Sonntag früh fuhr ich nach Barth zum Hochamt, dem man grade eben zwischen dem ankommenden u. abfahrenden Zuge beiwohnen kann. Die kleine Barther Kirche ist ganz wunderhübsch, die kleine Gemeinde sehr brüderlich. Gegen 12 Uhr mittags war ich dann wieder, – etwas erschöpft u. ermüdet, bei meinen Freunden u. erlangte zu meiner Freude noch die Reste des ersten Frühstücks derselben.

     Nachmittags um 5 Uhr kam (zwar verabredet, aber doch von mir nicht ernsthaft erwartet) nochmals Maria mit Fritz u. blieb bei uns zum Abendbrot. Gestern Mittag fuhr ich selbst dann nach Berlin zurück u. war um 9 Uhr wieder zu Hause. Es ist nur ein Provisorium hier, da ich heute Nachmittag nach Biesdorf fahre. Bei der Frühmesse heute Morgen stellte ich fest, daß P. Direktor Joh. Haw hier ist u. noch ein anderer Pater aus Leutesdorf, den ich nicht kenne. Sonst scheint alles beim alten zu sein. – Nein, – auch einen neuen Bruder sah ich, einen vollbärtigen, sympatischen Menschen von etwa 35 Jahren.

     Bei meinem Mittagsgebet kam Schw. Assistentin zu mir u. flüsterte mir zu, daß sie bald nach ein Uhr zu mir kommen wolle. Die Schw. Oberin hat ja heute ihren Namenstag u. heute ist ihr also mein Bild übergeben worden. Ich wartete aber vergebens auf die Schw. Assistenten, – dafür kam gegen 2 Uhr eine andere Schwester mit einem Teller voll Kuchen u. einer großen

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Hans Brass: TBHB 1935-09-17. , 1935, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1935-09-17_002.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2024)