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Seite:HansBrassTagebuch 1934-11-06 001.jpg

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hat ihm mich vorgeschlagen. Ich werde also morgen hingehen u. mir die Sache ansehen, vielleicht wird es etwas. In diesem Falle würde mir dann also ein lohnender u. interessanter Auftrag in der Kirche beim Beten zuteil geworden sein, – u. zwar grade, als ich wegen der am Mittwoch, drohenden unheimlichen Besprechung im Wohlfahrtsamt besonders innig gebetet hatte: „unser täglich Brot gib uns heute“. –

     Ich ging dann in die Kirche zurück. Wieviel Leute noch in den dreiviertelstunden, in denen ich abwesend war, da waren, weiß ich natürlich nicht, ich zählte in der letzten Viertelstunde jedenfalls noch vier, sodaß ich heute auf 21 Beter u. Beterinnen gekommen bin, – es waren aber mehr. Ein ansteigender Erfolg!

     Abends 5 Uhr war ich erstmalig in der St. Vinzenzkonferenz. Anwesend Pf. Menzel, Herr Amtsrat Schindler, ein Herr Lange u. noch zwei andere Herren, deren Namen ich nicht verstanden habe. Verhandelt wurde nichts Wesentliches. Ich erklärte mich bereit im Standesamt monatlich die Geburten, Eheschließungen u. Sterbefälle zu sammeln. Die Herren waren sehr höflich u. nett zu mir.

     Habe den ganzen Tag große Schmerzen im Fuß, sodaß ich kaum gehen kann.

Dienstag, den 6. November 1934.     

     Ich muß nachtragen, daß ich am Sonntag an die Schriftleitung des kath. Kirchenblattes, Domvikar Adolph, geschrieben habe um mich als Illustrator in Erinnerung zubringen. Ich hatte im Juni dort Besuch gemacht u. Zeichnungs-Proben vorgelegt, die ich extra zu diesem Zweck gemacht hatte. Ich hatte bestimmt gehofft, einen Auftrag zu erhalten, da ich im Jahre davor dem verstorbenen Bischof Dr. Schreiber das Bild des hl. Johannes d. T. zum Geschenk gemacht hatte, damit dieser das Bild an das Exerzitienhaus in Biesdorf weiter schenken sollte. Er hat das Geschenk von mir angenommen u. hat einen kostbaren, goldenen Rahmen dazu gestiftet u. das Ganze dem Exerzitienhause gegeben, jedoch hat er vor seinem Tode keine Gelegenheit mehr gefunden, sich zu bedanken. Immerhin hätte das ja vom Büro aus geschehen können. Heute weiß offenbar im Ordinariat niemand mehr etwas davon, auch der Domvikar Adolph nicht. Er hat sich damals meine Adresse notiert, u. dabei ist's geblieben. Ich werde sehen, ob auf meine schriftliche Erinnerung nun etwas erfolgt.

     Heute war ich in der „Schule Hartnack“ u. habe mir angesehen, um was es sich handelt. Das System besteht darin, daß für moderne Sprachen sehr einfache, markante, lustige Zeichnungen verwendet werden, die mit einem Lichtbild-Apparat an die Wand geworfen werden. Die Zeichnungen illustrieren kurze Lehrsätze, die als Text dabei stehen. Dadurch soll erreicht werden, daß sich die Sätze leichter einprägen. Es ist sehr geschickt gemacht u. nicht uninteressant. Für uns würde es sich darum handeln, die Liturgie auf diese Weise, – nur in ernster Form, zu illustrieren u. den lateinischen Text dazu zu schreiben. Die Zeichnungen würden sich aber nicht beziehen auf den geistigen Inhalt sondern auf die Vokabeln. Z.B. Staffelgebet: in nomine Patris et Filii et Spiritus Sankte – dazu – eine Zeichnung der hl. Dreifaltigkeit. Dann: introibo ad altare Dei, es wird ein Altar gezeichnet, –: ad Deum, qui laetifikat jujentutem meam – derselbe Altar mit einem Täufling usw.

     Dazu werden dann freilich eine sehr große Anzahl von Zeichnungen gebraucht. Ich muß die praktische Ausführung erst einmal mit dem Kaplan besprechen. Die Arbeit kann sehr interessant sein, da alles auf die allerknappste u. eindeutigste Wirkung abzielen muß u. keine ablenkenden Nebensächlichkeiten enthalten darf.

     Nachmittags in der Kirche hatte ich heute 26 Beterinnen, das ist genau das Doppelte des ersten Tages vor 8 Tagen. Ich bin außer mir vor Glücksseligkeit über diesen schönen Erfolg, den mir der lb. Gott schickt. Gewiß ist das Gebet der Therese von Konnersreuth so segensreich, denn wenn ich selbst auch in diesen zwei Stunden für unsere Gemeinde bete ohne Pause u. Unterbrechung, so kann ich doch meinem Gebet nicht solche Kraft zuschreiben. – Außer der Freude über diesen schönen Erfolg habe ich von dieser Sache noch einen weiteren Gewinn –: ich vertiefe mein Gebet in einer ungeahnten Weise. Ich hätte das nicht gedacht. Anfangs hat diese Ungewöhnlichkeit meines Unternehmens mich selbst verwirrt u. ich kam nicht recht zur Sammlung; aber nun, wo ich's schon gewöhnt bin, tun sich in mir Kräfte auf, die ich nicht kannte, – und das ist sehr beglückend. Ich werde nicht nachlassen mit beten, – alle Heiligen sagen doch, daß das Gebet so ungeheuer wichtig sei, vielleicht lerne ich's auch noch. Der hl. Dominikus war ein solch mächtiger Beter, daß er von sich sagen konnte, daß Gott ihm noch niemals eine Bitte abgeschlagen hätte. Das ist garkein Wunder, denn dazu gehört nur, daß man niemals um etwas

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Hans Brass: TBHB 1934-11-06. , 1934, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1934-11-06_001.jpg&oldid=- (Version vom 25.9.2024)