Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I 34. Die kluge Else | |
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1585 Bl. B 7a = Dornavius, Amphitheatrum sapientiae Socraticae 1619 1, 764) in folgender Gestalt[1]:
Es ging ein Freier stolz und klug
Zu einer Jungfrau hübsch und fein,
Welch er begehrt zun Ehren sein,
Vater und Muttr empfingen ihn,
Auf eine Bank satzt er sich bald,
Besah das Mägdlein wohlgestalt
Und redt sein eigen Wort zur Stund,
Was sein Begehr war, sagt er rund.
Weil er begehrt zu sein ihr Sohn;
Die Jungfrau in den Keller sollt,
Das sie ihrm Buhln ein Trunk da holt.
Sie schwenkt die Kann und gehet hin,
Setzet sich bei dem Weinfaß niedr,
Bedenkt den Handel hin und wiedr.
Bei sich fäht sie zu reden an:
‘Wenn dieser Buhl nun würd mein Mann,
Das er tun soll, sein das nicht Schwänk,
Ich wär sein Frau, er wär mein Mann,
Und wie es ferner wär getan,
Wir bkämen denn ein Kindelein,
In unser Stuben auf und ab,
Darob es seine Kurzweil hab,
Und stäke denn ein Messerlein
Im Balken übr dem Haupte sein,
Und tötet es bald und geschwind,
Wie wär doch das ein Herzeleid,
Ach, welch Jammer würd uns bereit!’
In solchn Gedanken saß sie still.
Wo doch die Tochter blieb so lang,
- ↑ Über die Geschichte der eigentümlichen Figur des Niemand vgl. Bolte, Jahrbuch der dt. Shakespeare-Gesellschaft 29, 8–27 und Zs. f. vgl. Literaturgeschichte 9, 73.
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_336.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)