Herr! ich hab’s ja verdient; mir geschieht schon recht. Freilich hab’ ich’s nicht so böse gemeint; ich seh’ nur gern, wenn die Leute recht lustig tanzen, und ergötze mich daran, und hätt’ nicht geglaubt, daß das eine so große Sünde wäre. Könntet Ihr Fleisch in den Fasten essen, dacht’ ich, was Euch verboten ist, so könntet Ihr ja auch einmal tanzen.“
Indem kamen sie an den Galgen. Da stellten sich die Leute in einem weiten Kreise um ihn her. Dann ward die Galgenleiter angestellt, und der Henker machte dem armen Friederlein den Strick los vom Leib, und legte ihm denselben um den Hals, und stieg ein Paar Sprossen an der Leiter hinauf, und sagte zu ihm: „Komm, steig mir nach, mein Sohn!“ Und Friederlein stieg ihm ein Paar Sprossen nach auf der langen Galgenleiter. Da dacht’ er aber, es sei doch jetzt Zeit, seinen ersten Wunsch an den Richter zu thun, sonst möchte es ihm doch zu spät werden, wenn er noch ein Paar Sprossen höher droben wäre. Darum wandte er sich zu dem Richter und sprach: „Ach, Herr Richter, ich hab’ eine gar große Bitte noch an Euch, eh’ ich vollends da hinauf steige, die Ihr mir wohl gewähren könnt.“
„Die soll dir nicht abgeschlagen werden, mein
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 1. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_I_146.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)