„Ja, Herr Richter,“ sagte da unser Friederlein, „ich kann’s nicht leugnen, ich hab’ es gethan.“
Da fuhr ihn der Richter an, und rief zornig: „du Schalksknecht! kannst du nicht Possen treiben mit deinesgleichen? Mußt du denn den ehrwürdigen Mann da zu deinem Spiel brauchen? Weißt du auch nicht was im letzten Gebot enthalten ist, daß du dich nicht sollst gelüsten lassen nach Allem, was deines Nächsten ist? – Wart’, ich will dir lohnen, wie du verdienet! Aufhängen will ich dich lassen am lichten Galgen, allen Schalksnarren und Dieben zum Exempel!“ Und damit ließ er den Henker zu sich rufen, und übergab ihm unser klein Bürschlein, daß er ihn auf der Stelle hinausführe zum Galgen, und allda aufhänge.
Da nahm ihn der Henker und band ihm einen Strick um den Leib, und führte ihn mit sich. Und der Richter ging mit hinaus, zu sehn, ob der Henker sein Geschäft auch recht mache; und der Mönch ging auch mit, daß er ihn auf dem Wege vermahnete, und draussen unterm Galgen noch einmal beten lasse. Aber hinten drein lief vieles Volks, Männer, Weiber und Kinder, die sehn wollten, wie das arme Spielmännlein gehängt würde.
Als ihm aber der Mönch Trost zusprechen wollte, sagte klein Friederlein: „Ach, laßt mich nur gehn, ehrwürdiger
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 1. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_I_145.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)