ja kein Fleisch essen,“ erwiederte Frieder. „Geht, laßt das arme Thierlein leben. Aufbewahren könnt Ihrs ja doch nicht, bis Ihr wieder Fleisch essen dürft.“
„Ei,“ antwortete der Mönch, „du wirst mich nicht verrathen, und wenn’s sonst niemand sieht, so ess’ ich auch Fleisch in der Fasten. Da ist’s keine Sünde.“
„So?“ sagte Frieder, „was niemand sieht, ist also keine Sünde?“
„Nein, nein, mein Sohn!“ antwortete der Mönch.
Da verdroß klein Friederlein des Mönchs Lüsternheit und seine Gewissenlosigkeit, und dachte für sich: „Nun, warte nur, du sollst mir dafür büßen!“ und wandte sich wieder zu ihm und sagte: „Nun ja, wenn Ihr sie holen wollt, so schieß’ ich sie herunter,“ und schoß sie herunter. Und sie fiel recht mitten in die Dornbüsche. Da machte sich der Mönch schnell hin, und stieg über die vorderen Dornenbüsche, und hob die Taube auf. Aber klein Friederlein hatte indeß seine Geige zur Hand genommen, und fing an mit dem Fiedelbogen drauf auf und ab zu spielen, und sprach: „Ich muß doch sehen, ob meine Fiedel auch gut ist.“ Und indem er mit dem Fiedelbogen drauf auf und ab strich, gabs doch einen recht lustigen Tanz, ob er gleich in seinem Leben nie geigen gelernt hatte.
Als aber der Mönch den lustigen Tanz hörte, da fing
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 1. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_I_139.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)