zu schlafen. Ehe er aber einschlief, zog er wieder sein mausledernes Beutelein hervor, zu sehen, ob ihm keiner von seinen Hellerlein verloren sei. –
Wie er sie aber auf seiner Hand im Mondschein zählte, fiel ihm auf einmal ein sonderbarer neblichter Schatten auf die Hand. Da schaute er in die Höhe, und sah vor sich stehn einen Mann, dessen Gesicht war ganz bedeckt mit einem grauen Barte, der ihm bis auf die Füße herunter wallte; und sein Gewand hing ihm in vielen Falten weit um den Leib, und ein Stück davon hatte er sich über den Kopf geschlagen, daß man nur sein Gesicht sah. Und obgleich der Mann ruhig stehen blieb, so schien doch sein Kleid in einem fort rings um ihn, und auf und ab an ihm, in immerwährender Bewegung zu sein. Diese Bewegung und die graue Rauchfarbe des Gewandes und des Bartes gaben dem Manne ein gespenstisches Aussehen. Denn er schien eben so wohl eine aus der Erde gerade aufsteigende Rauchsäule zu sein, als ein Mensch. Er war aber auch kein Mensch. Denn als unser lustig klein Bürschlein so aufschaute, und nicht recht klug aus ihm werden konnte, und ihn bald für einen Menschen, bald wieder für eine Rauchsäule hielt, kam ihm doch am Ende ein gewaltiges Grauen an, und all sein froher und beherzter Muth schien ihn verlassen zu haben. Er steckte eilig seine drei Hellerlein
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 1. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_I_132.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)