daß man sich auf dem Wege nur mühsam zwischen durch hinaufwinden konnte. Wo sich aber zwischen den Felsen ein wenig Erde angeschwemmt hatte, da wuchsen hier und da hohe Schwarztannen empor, die machten zwischen den nackten, grauen Felsen dem Berg ein recht unfreundliches Ansehen. Und zwischen den Tannen hörte man nichts, als das Gekrächze der Raben und das Brausen wild herabschäumender Felsenbäche, so daß es Einem in dieser Umgebung, bei der eben einbrechenden Dämmerung, recht unheimlich und ängstlich hätte zu Muth werden können.
Den kleinen Frieder kümmerte aber das alles nicht. Er stieg gutes Muthes den Felsenpfad hinan, und pfiff sich dabei ein lustiges Lied. Als er aber auf dem Gipfel des Berges ankam, war es Nacht worden, und er hätte schon längst den Pfad nicht mehr gesehen, wenn ihm nicht der Mond über die Tannengipfel und Felszacken herein geschienen hätte. Denn es war gerade Vollmond. Und oben sah er sich nun um, wohin er seinen Weg zu nehmen habe, um ein Dorf oder eine Mühle zu erreichen, wo er übernachten könnte. So weit ihm aber das Mondlicht zu sehen verstattete, sah er jenseits nichts als Wald und Waldgebirge. Darum beschloß er zu bleiben, wo er war, und suchte sich einen Platz, der mit weichem Moose bewachsen war, und legte sich auf selbigem zurecht, um da die Nacht
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 1. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_I_131.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)