„Schildkröte flog einmal
Ueber Berg, über Thal.
Ei, Frau Vierbein,
Was fällt dir ein?
Ei, Frau Hornbauch,
Hast du Zorn auch?
Ei, Frau Knochenrück,
Dir fehlt noch ein Stück!
Fliegst, ich bitt’ dich
Ohne Fittig?
Bist gar stumm?
Sag’ warum!“
Da konnte aber die verspottete Schildkröte nicht länger schweigen, und vergaß vor Zorn, daß sie sich allein mit den Zähnen festhielt, und rief voll zornigen Eifers: „Euch zum Aerger bin ich stumm! Euch zum Verdruß flieg’ ich ohne Fittig!“
Aber indem sie das sagen wollte, ließ sie den Stock los und fiel; und ehe sie es noch ganz gesagt hatte, lag sie auch schon ganz unten. Sie fiel aber auf einen Fels; und fiel aus der Höhe so hart auf, daß ihre Schale zerbrach, und mußte so sterben.
Als aber die beiden Enten auf einmal höher kamen in ihrem Fluge, weil sie ihre Last verloren, und als sie die Schildkröte reden hörten, und fallen sahen und sterben auf dem Fels, da trauerten sie über ihre gute Freundin, und ließen nun auch den Stock fallen, daran sie ihre Freundin
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_160.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)