die ihm die Knaben erzählten. Die allergrößte Lust gewährte es ihm aber, wenn ihm ein alter einsiedelnder frommer Mann, den man insgemein nur Großvater hieß, mit zitternder Stimme ein Lied sang und auf einer alten zersprungenen Zither die Töne begleitete, da er ihm denn wohl nach dem Liede auch manchmal die Zither selbst in die Hand gab, und ihn in dem Saitenspiel unterwies. Wenn ihm dann der alte Großvater erzählte, daß es auch viele Rittersöhne gäbe, die nicht ihr ganzes Leben dem Kampf und der Jagd geweiht hätten, die vielmehr mit dem fröhlichen Saitenspiel als hochverehrte Sänger von Land zu Land reisten, und Aller Herz erfreueten, wohin sie kämen, und hochgeehrt würden von Königen und edlen Frauen, da schwoll Adelberten immer das Herz in heißer Sehnsucht auf, und gewiß lag er dann jedesmal in der folgenden Nacht meistens schlaflos auf seiner Ruhestätte, und betete zu Gott recht inbrünstig: „O gib, daß ich doch auch einmal so ein Sänger werde, aber der besten einer, dessen Namen man nennt von Lande zu Lande!“ Und in dieser Sehnsucht stieg er oft und öfter hinab zu dem alten Großvater, und lernte bald selbst kleine Weisen den Saiten der Zither entlocken, und ein selbst erdachtes Lied dazu singen. Wenn er aber sang, so horchten die Hirten begierig, jung und alt, und erhoben sein Lied, wenn sie es gleich nicht immer verstanden. Denn in jedem sprach
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_088.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)