vor der Trauung Audienz verschaffe vor ihrem Vater, dem Könige, und seinem ganzen versammelten Rathe, damit er den Betrug des Kohlenbrenners entdecke.
Darauf geleitete sie Brunnenhold bis zu dem Eingang des Schloßhofes, und ging wieder zurück, um bei seinem Wirthe zu harren, bis daß ihm Botschaft käme, daß ihm der König Gehör verstatte vor seinen versammelten Räthen. Und als er zurück kam, lag der erschrockene Wirth noch bewegungslos auf einem Stuhle, denn er fürchtete, Brunnenhold möchte jetzt sein ganzes Vermögen von ihm begehren, wie er ihm in der Wette versprochen, die er verloren.
Doch Brunnenhold tröstete ihn, und sprach: „Seid nur gutes Muthes, ich bedarf nicht Eures Goldes, und mit der Wette war es nur Scherz. Und auch die hundert Goldstücke nehmt nur wieder, und verwahrt sie in Eure Kisten, und hütet sie fleißig. Ich will Euch nicht nehmen, was Euch so sehr am Herzen liegt.“ Da ward er wieder fröhlich und guter Dinge, und dankte ihm mit hundert demüthigen Bücklingen, und nannte ihn einmal ums andere einen edlen jungen Herrn, und wünschte ihm tausend Glück und Segen.
Da aber Jungfrau Helgrita in ihres Vaters Schloß kam, trat sie alsbald vor ihren Vater, und bat ihn fußfällig, er möge ihr doch noch eine Gnade erweisen vor ihrer Trauung. Der König ward aber fast unwillig, und wollte
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_055.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)