mit dem Kopfe. Aber der Küchenmeister guckte aus dem Schornstein herab, und verwunderte sich, daß der Löwe so zahm war, und sprach: „Ja, ja, das Halsband mag ihm gefallen, aber ich möcht’s doch nicht anhaben; mir wäre bang um meinen Hals dabei. Hochedle Jungfrau, traut dem Thiere nicht, und speis’t ihn mit dem besten Braten ab, wenn Ihr könnt, sonst gehts doch noch an Euch selbst.“
Jungfrau Helgrita hatte aber nicht bang, und wollte ihm nur ein gutes Futter geben, und bot ihm eine große Kalbskeule dar; aber der Löwe schüttelte mit dem Kopfe und blickte wieder mit hellglänzenden Augen auf den Halsschmuck der Prinzessin. Da zog Jungfrau Helgrita das kostbare Halsband ab, und ließ die edeln Steine spielen in dem Glanze des Heerdfeuers, daß es der Löwe sehen sollte. Der Löwe stellte sich aber mit seinen Vorderfüßen neben der Prinzessin auf die Heerdplatte und bot ihr seinen Hals dar. Und Jungfrau Helgrita sprach lächelnd: „Was ist? soll ich dir mein Halsband umhängen, närrisches Thier?“ Da nickte der Löwe mit dem Kopfe, und Helgrita knüpfte ihm spielend das Band um. Aber kaum hatte er es am Halse, so lief er schnellen Schrittes zur Küche hinaus durch den Schloßhof, nach der Straße zu, woher er gekommen war.
Als aber der Löwe weg war, kamen die Küchenjungen wieder aus den Speisekammern, denn sie hatten’s durch die
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_051.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)