kein Kerlchen, wie Ihr, so ein Drache, mit rothwangigem, glattem Gesicht und sanften blauen Aeuglein. Nein, der hat Schuppen auf sich, wie von Stahl, und um den ganzen Leib Schuppen. Nur um seine gefräßigen Hälse hat er schmale Ringe, wo er zu verwunden ist. Aber da mag der Henker drein hauen.“
„Warum denn?“ fragte Brunnenhold.
„Warum denn?“ antwortete der Wirth. „Weil’s dem Lasterthiere von Drachen gerade recht ist, wenn man ihm einen von den sieben Köpfen abhackt. Denn auf der Stelle wachsen ihm aus dem hervorquellenden Blute zwei neue Köpfe heraus. Meint Ihr, es hätt’s noch keiner gewagt mit ihm? Er hatte im Anfang auch nicht mehr Köpfe, als ich auch. Da haben’s schon sechse mit ihm gewagt, aber allemal ist der Drache um einen Kopf reicher worden, und die Wagehälse um ihren einzigen Kopf ärmer. Der Drache hat sie allemal rein aufgefressen.“
Als sie aber noch so zusammen sprachen, kam ein Herold durch die Straße gezogen, der ließ vor sich her posaunen, und rief mit lauter Stimme: „Der König hat bei seinem Haupte geschworen, der solle sein Eidam werden, der heute den siebenköpfigen Drachen erlegt, und so die Königstochter vom Drachenstein erlöset.“ Darauf zog er weiter durch die Straßen. Und der Wirth sagte: „Ja, ruf’ du, so lang du
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_037.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)