Aber die Knaben fanden sich wohl in des Waidmanns Haus und in sein Waidwerk, und waren ihm gehorsam in allen Stücken, und halfen ihm in Forst und Wald, und scheueten weder Regen noch Sturm, erlegten Thiere und hegten das Wild, und pflanzten mitunter im Garten, und leisteten auch der freundlichen Alten, des Waidmanns Frau, in ihren häuslichen Geschäften mitunter hilfreichen Beistand, und gewannen so die Herzen der beiden Alten, daß sie sie so sehr und fast mehr liebten, als Aeltern ihre Kinder lieben.
Das ging so fort vier volle Jahre. Da hatte Brunnenhold und Brunnenstark das Waidwerk vollkommen erlernt, und sehnten sich, weiter ihr Glück draußen zu suchen in der Welt. Aber die Alten wollten sie ums Leben nicht von sich lassen. Als sie aber jetzt achtzehn Jahre zählten, verlangten sie abermal, von dannen zu ziehen, und ließen sich nicht mehr zurückhalten, durch das freundliche Zureden und die Thränen der Alten. Und als sie sahen, daß sie sich nicht mehr länger halten ließen, da gaben sie einem jeden ein neues Jagdkleid, und die Alte ging hinauf auf den obersten Boden, und brachte zwei Jagdmesser herab, daran an der Seite Messer und Gabel eingesteckt waren, und reichte einem jeden eines derselben, und sprach: „Seht, die zwei Jagdmesser nehmt, und traget sie zur Erinnerung an eure alte Pflegemutter. Ich hab sie an meinem Brauttage von
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_028.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)