und es ist Zeit, sie an einen Ort zu bringen, da sie ein Geschäft erlernen, das sie dereinst ernähre. Zu welchem Geschäft denkst du, daß ich sie thun soll?“
Da antwortete ihr die Amme: „Glückselig seid Ihr, daß Ihr selbst daran denket. Ich befürchtete, Ihr möchtet Euch nicht trennen können von Euern Knaben.“
„Wohl kann ich mich trennen von ihnen!“ sprach Armina. „Konnte ich mich ja auch von meinem Vater trennen! – Was sein muß, das muß man nicht unterlassen, ob es gleich schwer dünken mag. – Die Knaben können nicht leben, wie ich lebe. Auch hatte mein Schifflein nur Vorrath auf dreißig Jahre, und die Hälfte davon muß bald vorüber sein. Was hälf’s, wenn sie auch jetzt noch etliche Jahre sorgenlos lebten und dann auf einmal nichts hätten und nichts erwerben könnten, davon sie sich das Leben fristeten. Darum ist’s nothwendig, daß ich mich von ihnen trenne. Sprich nur, welch ein Gewerbe ich sie soll erlernen lassen.“
„Laßt sie denn selbst wählen!“ antwortete die Amme. „Seht, wir sind hier nahe einer volkreichen Stadt, und heute wird dort gefeiert ein großes Fest, dazu die Leute sich hineingezogen aus allen Gegenden umher. Laßt mich auch hingehn mit den Knaben, daß ich sie führe unter die Menschen
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_024.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)