„Lasset noch beruhen die Anstalten zum Feste. Denn ich sehe zwar vor mir das Drachenschiff, allein ich zweifle noch an seiner Kraft, sich nach meinem Willen zu bewegen. Darum thut es Noth, daß ich es vorher selber erprobe.“
Solches billigte auch ihr Vater, und billigten selbst die Großen und Räthe. Sie ging darum hinein, und legte an ihr goldenes, sonnenglänzendes Kleid, und nahm zu sich das kleine Bild von ihres Vaters Schloß, und weinte noch einmal bitterlich in den Zimmern, und ging und rief ihre Amme, und fiel noch einmal ihrem Vater weinend um den Hals, und nahm von ihm Abschied, als wollte sie ihn auf immer verlassen. Als das aber die Räthe des Königs sahen, murmelten sie untereinander und sprachen: „Was soll das? scheint es doch, als nähme sie auf immer Abschied von ihrem Vater!“
Das hörte Jungfrau Armina beiseit, und wandte sich zu ihnen, also sprechend: „Was murmelt ihr untereinander, daß ich also Abschied nehme von meinem Vater? Ists denn nicht so, daß ich mich nun ewig trennen muß von ihm? Denn beweißt das Schifflein die verheißene Kraft, so hab’ ich ja keinen Vater mehr; so kehre ich zurück, und finde in ihm nur meinen Gemahl.“
Als sie das zu ihnen gesprochen, wurden sie ruhig, und sie schlang abermal ihre Arme um den Vater und weinte
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_018.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)